Plastische Chirurgie

Primärprävention zur Vermeidung der „Jumping Breast“

Ein ästhetisch unschönes postoperatives Phänomen, das bei subpectoralen Implantaten auftreten kann, ist die Verformung der Brust bei Kontraktion des Brustmuskels. Prof. Dr. med. Sherko Kümmel, Direktor des Interdisziplinären Brustkrebszentrums der Kliniken Essen-Mitte, gab bei einer virtuellen Veranstaltung im Rahmen der 40. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Senologie e.V. Hinweise zur Prävention dieser als „Jumping Breast“ bezeichneten Problematik.

Im Bereich der Brustkrebschirurgie stehen verschiedene autologe und heterologe Brustrekonstruktionsverfahren zur Verfügung. Das häufigste Verfahren ist die Einlage eines subpectoralen Implantats direkt nach dem Entfernen des Brustgewebes. Eine mögliche Herausforderung bei subpectoralen Implantaten ist die Verformung der Brust bei Kontraktion des Brustmuskels. Die „Jumping Breast“ kann sowohl oberhalb als auch unterhalb des Mamillen-Areolen-Komplexes (MAK) imponieren. Insbesondere schlanke Patientinnen mit einer dünnen subkutanen Fettschicht sind davon betroffen, schilderte Kümmel.

Ursachen für „Jumping Breast“

Bei „Jumping Breast“ haftet der Brustmuskel an der darüber liegenden Haut und führt unter Spannung zu unnatürlichen Brustdeformitäten. Wenn der untere Pol an Elastizität verloren hat, hebt er sich unter Kontraktion zusammen mit dem Im- plantat an. Wenn der obere Bereich betroffen ist, bilden sich unter Kontraktion des Brustmuskels ober- halb Falten, weil sich die Haut über dem Muskel fixiert hat, erläuterte der Experte. Dieses Phänomen tritt laut Kümmel am häufigsten nach einer „nipple-“ oder „skinsparing“ Mastektomie mit implantabasierter Sofortrekonstruktion subpektoral auf.

Dieses Problem tritt recht häufig auf und ist vermeidbar, konstatierte der Experte. Dabei ist die Primär- prophylaxe besser als die Sekundär- prophylaxe. Zur Primärprävention von „Jumping Breast“ schlägt Kümmel ein bestimmtes operatives Vorgehen und eine Grad-Einteilung für die unterschiedlichen Schwere- grade (Grad 1-3, vgl. Abb. 1) der Brustdeformität bei „Jumping Breast“ vor. [1]

Zweistufiges operatives Vorgehen zur Prävention der „Jumping Breast“

Durch ein zweistufiges operatives Vorgehen können diese Komplikation effektiv verhindert und das Risiko einer Brustdeformität nach implantatbasierter Brustrekonstruktion reduziert werden, so Kümmel. Zunächst wird die Brustdrüse (in der Regel mit Retention des Nippel- Areola-Komplexes) durch einen Schnitt in der Inframammärfalte vollständig entfernt, gefolgt von präpektoraler Implantat-Insertion. Das Implantat liegt dann zwischen dem Muskel und der Haut, so dass keine Haftung zwischen den beiden Schichten entstehen kann. Infolgedessen gibt es auch keine sichtbaren Veränderungen der Implantat-Position oder Form der Brust, wenn der Pectoralis kontrahiert wird. Wenn das Ergebnis so bereits ästhetisch akzeptabel ist, erfolgt der zweite Schritt optional.

Abb. 1: Mögliche Grad-Einteilung der Jumping Breast (mod. nach [1]).

Ein zweiter Eingriff ist beispielsweise bei Makromastien mit der Reduktion des Hautmantels angezeigt,
oder wenn aufgrund einer dünnen subkutanen Fettschicht die Implantatkontur sichtbar oder fühlbar ist, oder auch bei sekundärer Ptose. In solchen Fällen wird frühestens drei Monate nach dem ersten Eingriff ein Etagenwechsel des Implantats von präpektoral nach subpectoral ohne Resektion der Kapsel vollzogen. Hierbei fungiert die Kapsel dann als eine Art „Gleitlager“ zwischen Muskel und Haut, so dass Kontraktionen des Muskels nicht auf die Haut übertragen werden, erläuterte Kümmel.

Quelle: Virtueller Vortrag „Jumping Breast – vermeidbar oder unvermeidbar?“ von Prof. Dr. med. Sherko Kümmel aus Essen anlässlich der 40. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Senologie e.V., 17. Juni 2021

Literatur

1. Kümmel S, Kümmel A, Hagemann F, Rüland A, Dittmer-Grabowski C, Botzenhardt S, Blohmer JU, Reinisch M. Jumping Breast Phenomenon Following Subcutaneous Mastectomy: First Description and Grading of a Well-Known Breast Deformity. Breast Care (Basel). 2018 Oct;13(5):354-358. doi: 10.1159/000489939. Epub 2018 Aug 3. PMID: 30498421; PMCID: PMC6257146.