Maßnahmen gegen Stigmatisierung: Neue Daten, neue Erkenntnisse
Menschen mit sichtbaren chronischen Hautkrankheiten leiden weltweit unter Reaktionen in der Öffentlichkeit und im persönlichen Bereich, die von ihnen als negativ erlebt oder offen negativ geäußert werden. Zusammengefasst wird diese Reaktionsweise als Stigmatisierung bezeichnet.
Prof. Dr. Matthias augustin
Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf
Institut für Versorgungsforschung in der
Dermatologie und bei Pflegeberufen
Martinistraße 52
20246 Hamburg
m.augustin@uke.de
Durch den Globalen Bericht zur Psoriasis der WHO ist die Problematik der Stigmatisierung dieser Menschen weit in die Öffentlichkeit gelangt. Nach anfänglichen Widerständen hat die deutsche Gesundheitspolitik dem Thema der Stigmatisierung inzwischen einen höheren Stellenwert eingeräumt und es tragen aktuelle Projekte wie ECHT (Entstigmatisierung von Menschen mit sichtbaren chronischen Hautkrankheiten) zur Schaffung einer verbesserten Datenlage bei.
Im Zuge dieses vom Bundesministerium für Gesundheit geförderten Projektes haben sich wichtige neue Erkenntnisse zur Bedeutung und zum Ausmaß von Stigmatisierung ergeben. Aktuelle Daten des Jahres 2019 zeigen beispielsweise, dass auch in Deutschland immer noch ein Großteil der Öffentlichkeit primär negativ und ablehnend auf Menschen mit sichtbaren Hautkrankheiten wie Psoriasis reagiert. So äußern nach bevölkerungsrepräsentativen Erhebungen 68% der Befragten, dass Menschen mit sichtbaren Hautkrankheiten öffentlich benachteiligt werden und 35% haben dies bereits erlebt. 84% äußern, dass Menschen mit sichtbaren Krankheiten angestarrt werden und 81% denken, dass sichtbare Hauterscheinungen Anlass für Distanz und Scheu vor Berührungen sind. Der Begriff “Stigmatisierung“ ist insgesamt 73% bekannt, dies häufiger im Westen als im Osten Deutschlands und bei einem höheren Bildungsgrad.
Diese öffentlich vorherrschende Grundhaltung kann nur – ganz im Sinne des Mottos des diesjährigen Welt-Psoriasistages – durch gemein- same Stärke und Verbindung zwischen Patienten, Ärzten und der Öffentlichkeit verbessert werden. Kampagnen wie “Bitte berühren“ stellen hierfür lediglich einen Aus- gangspunkt dar, der durch weitaus stringentere, von der Politik geführte Maßnahmen fortgesetzt werden muss. Mit dem Interventionsprojekt ECHT werden an den Universitätskliniken Hamburg und Kiel sowie demnächst auch Bonn erstmals robuste Daten über den Nutzen früher Interventionen gegen Stigmatisierung in Kindergärten, Schulen und bei Studierenden erhoben. Im Frühjahr und Sommer 2019 wurden die ersten Interventionen erfolgreich umgesetzt und evaluiert. Diese Erfahrungen zeigen, dass schon mit einfachen Maßnahmen eine Resonanz im Sinne stärkerer Bewusstheit und Akzeptanz zum Thema Stigmatisierung möglich ist.
Quelle: PsoNet