Neuer IL-Inhibitor Bimekizumab Dr. Ch. Willen bei Plaque-Psoriasis
Schnelles Ansprechen mit anhaltender Wirksamkeit
Bereits nach der ersten Dosis von Bimekizumab erreichen über 70% der Patienten bis Woche vier einen PASI 75, schilderte Prof. Dr. med. Diamant Thaçi vom Universitätsklinikum Schleswig-Holstein (Campus Lübeck) bei einem Pressegespräch zum Thema anhand der zulassungsrelevanten Studiendaten zur Behandlung von mittelschwerer bis schwerer Plaque-Psoriasis bei Erwachsenen, die für eine systemische Therapie in Frage kommen.
Bimekizumab ist ein humanisierter monoklonaler IgG1-Antikörper (In- terleukin(IL)-Inhibitor), der direkt und selektiv die beiden proinflammatorischen Zytokine IL-17A und IL-17F hemmt. Erhöhte Konzentrationen von IL-17A und IL-17F sind wichtige Treiber der immunvermittelten inflammatorischen Erkrankung Plaque-Psoriasis. Bimekizumab (Bimzelx®) hemmt mit hoher Affinität beide Zytokine, was zu einer Normalisierung der Hautentzündungsprozesse beiträgt und zu einer Verbesserung der klinischen Symptome führt, erläuterte Thaçi. Eine explorative Phase-II-Studie zeigte, dass die durch Bimekizumab bewirkte Inhibierung von IL-17F zusätzlich zu IL-17A zu einer schnellen normalisierten Genexpression in läsionaler Haut führt. Der Phänotyp scheint sich dabei nicht mehr von gesunder Haut zu unterscheiden, ergänzte der Experte.
Studien mit aktiven Vergleichssubstanzen
Das zulassungsrelevante Studienprogramm zu Bimekizumab adressierte laut Thaçi viele praxisrelevante Fragen und umfasste drei klinische Phase-3-Studien – BE READY, BE VIVID und BE SURE – mit insgesamt 1.480 Patienten mit mittelschwerer bis schwerer Plaque-Psoriasis. Innerhalb dieses Studienprogramms wurde die Wirksamkeit und Sicherheit von Bimekizumab vs. Placebo (BE READY) auch mit aktiven Wirksubstanzen wie Ustekinumab (IL-12/-IL-13-Inhibitor; BE VIVID) und Adalimumab (TNF-Blocker; BE SURE) verglichen. Darüber hinaus analysierte die Phase-3b-Studie BE RADIANT Bimekizumab im Vergleich zu einem IL-17A-Inhibitor (Secukinumab), hob Thaçi hervor. [1-4]
Patienten unter Bimekizumab erreichten in Woche 16 ein höheres Maß an erscheinungsfreier Haut als Patienten unter Placebo (co-primärer Endpunkt, BE READY und BE VIVID; p<0,0001), Ustekinumab (sekundärer Endpunkt, BE VIVID; p<0,0001) und Adalimumab (co-primärer Endpunkt, BE SURE; p<0.001), gemessen an einer mindestens 90%-igen Verbesserung des Psoriasis Area & Severity Index (PASI 90) (vgl. Abb. 1) und einem Investigator‘s Global Assessment (IGA) von erscheinungsfreier oder fast erscheinungsfreier Haut (IGA 0/1).
Etwa 60% der Patienten erreichen PASI 100
In allen Phase-3-Studien inklusive BE RADIANT erreichten etwa 60% der mit Bimekizumab behandelten Patienten in Woche 16 eine vollständig erscheinungsfreie Haut (PASI 100) (vgl. Abb. 1). Dieses Ansprechen hielt bis zu einem Jahr an, ergänzte der Experte. Bereits nach der ersten Dosis von Bimekizumab erreichen mehr als 70% der Patienten bis Woche 4 einen PASI 75. Dieses Therapieziel kann im Prinzip schon nach einer Anwendung erreicht werden, schlussfolgerte Thaçi. Bimekizumab ist in einer empfohlenen Dosis von 320 mg zugelassen, die in zwei subkutanen Injektionen von jeweils 160 mg alle vier Wochen bis Woche 16 (Q4W, Initialdosen) und danach alle acht Wochen (Q8W, Erhaltungsdosen) verabreicht werden.
Die am häufigsten gemeldeten Nebenwirkungen in den klinischen Studien waren Nasopharyngitis und andere Infektionen der oberen Atemwege (14,5%) sowie orale Candidose (7,3%), wobei die überwiegende Mehrheit der oralen Candida-Infektionen mit 97,2% der Fälle leicht bis mittelschwer, lokal begrenzt und nicht mit Behandlungsabbrüchen assoziiert waren, berichtete Thaçi. Insbesondere bei Älteren oder Patienten mit Adipositas, Diabetes und aktivem Raucherstatus ist die Wahrscheinlichkeit für behandlungsbedingte Candida-Infektionen erhöht, gab Thaçi zu bedenken. Diese Patientengruppen können als unterstützende Maßnahme zum Schutz vor Candida beispielsweise auf eine rigide Mund-Hygiene und eine gesunde Ernährung mit wenig Süßigkeiten achten, so der Rat des Experten.
Abb. 1: Bimekizumab – überlegene Wirksamkeit gegenüber aktiven Vergleichssubstanzen.
Weitere Nebenwirkungen und Monitoring
Weitere häufige Nebenwirkungen waren Tinea-Infektionen, Infektionen des Ohrs, Herpes-simplex- Infektionen, oropharyngeale Candidose, Gastroenteritis, Follikulitis, Kopfschmerzen, Dermatitis und Ekzem, Akne, Reaktionen an der Injektionsstelle und Fatigue-Syndrom.
Bei Patienten mit einer klinisch relevanten aktiven Infektion dar die Behandlung mit Bimekizumab nicht eingeleitet werden. Patienten sind darüber zu informieren, sofort ärztlichen Rat einzuholen, falls Anzeichen oder Symptome auftreten, die auf eine Infektion hindeuten, empfahl Thaçi. Vor Beginn einer Behandlung mit Bimekizumab sollte eine Tuberkulose(TB)-Infektion ausgeschlossen werden, da Bimekizumab nicht bei Patienten mit aktiver TB angewendet werden darf. Patienten, die Bimekizumab erhalten, müssen auf Anzeichen und Symptome einer aktiven TB überwacht werden. Der Einsatz von Bimekizumab wird bei Patienten mit entzündlichen Darmerkrankungen nicht empfohlen.
Wirksam auch an Kopfhaut, Nägeln und palmoplantar
Aus Patientensicht zählen ein schnelles Therapie-Ansprechen, eine möglichst erscheinungsfreie Haut sowie dauerhafte Erscheinungsfreiheit zu den relevantesten Behandlungszielen, so die Erfahrung von Dr. med. Peter Radny, niedergelassener Dermatologe in Friedrichshafen. Aufgrund der aktuellen Datenlage hat Bimekizumab das Potenzial, diese Erwartungen der Patienten zu erfüllen, schlussfolgerte Radny und fasste die wichtigsten Ergebnisse noch einmal zusammen: Eine schnell einsetzende Wirksamkeit wurde bereits vier Wochen nach der ersten Dosis beobachtet. Darüber hinaus besteht nach einem Jahr unter Bimekizumab eine relativ hohe Wahrscheinlichkeit (ca. 60%) auf eine komplette Erscheinungsfreiheit der Haut (PASI 100), die nach den bisherigen Analysen über mindestens zwei Jahre hinweg konstant war.
Bimekizumab ist auch wirksam bei Beteiligung sensitiver Hautareale wie Nägeln (von mNAPSI >10 an Baseline auf mNAPSI 0 an Woche 52: 54% der Patienten), Kopfhaut (von IGA ≥3 an Baseline auf IGA 0 an Woche 52: 72%) und palmoplantarer Regionen (von pp-IGA ≥3 an Baseline auf pp-IGA 0 an Woche 52: 80%). Hierzu zitierte Radny Post-hoc-Analysen aus BE VIVID.
Quelle: Virtuelles Pressegespräch „Was gibt es Neues bei UCB in der Dermatologie?“, 1. September 2021; Veranstalter: UCB
Literatur
1. Reich K, Papp KA, Blauvelt A, et al. Lancet. 2021;397(10273):487-498.
2. Gordon KB, Foley P, Krueger JG, et al. Lancet. 2021;397(10273):475-486.
3. Warren RB, Blauvelt A, Bagel J, et al. 2021;385(2):130-141.
4. Reich K, Warren RB, Lebwohl M, et al. N Engl J Med. 2021;385(2):142-152.