Oligoartikuläre Psoriasis-Arthritis frühzeitig behandeln
Interdisziplinäre und individualisierte Therapiekonzepte
Die Psoriasis zeigt als chronisch-entzündliche Systemerkrankung oft ein sehr heterogenes Bild, so können verschiedene Manifestationsformen sowie Komorbiditäten auftreten. Daher spielen die interdisziplinäre Zusammenarbeit verschiedener Fachrichtungen sowie individualisierte Behandlungskonzepte eine entscheidende Rolle für das optimale Therapiemanagement von Patient*innen mit Psoriasis (PSO) und Psoriasis-Arthritis (PsA).
Speziell die Oligoarthritis bei PsA werde oftmals zu spät oder unzureichend behandelt, berichteten Expert*innen bei einem Symposium im Rahmen des diesjährigen Deutschen Rheumatologiekongresses. Hier bietet der Phosphodiesterase 4 (PDE 4)-Inhibitor Apremilast eine wirksame Therapieoption.
Psoriasis beschränkt sich nicht auf die Haut – so entwickelt knapp ein Drittel der PSO-Patient*innen im Krankheitsverlauf auch eine PsA. [1] Dabei kann bereits die Diagnose eine Herausforderung sein. Die PsA werde oft erst spät diagnostiziert – dabei biete eine frühere Behandlung die Chance auf einen günstigeren Verlauf, sodass die Manifestation einer PsA möglicherweise sogar hinausgezögert werden könne, berichtete PD Dr. med. Stephanie Finzel, Klinik für Rheumatologie und klinische Immunologie, Universitätsklinikum Freiburg. [2] Eine Frühdiagnose der PsA sei mittels Ultraschall möglich, betonte Finzel. Müssten für eine Beurteilung im Röntgenbild bereits Schäden vorliegen, seien hingegen im Ultraschallbild schon frühzeitig Veränderungen erkennbar. So eigne sich die Technik zur Darstellung von Sehnen und Enthesen. Auch bei Nagelpsoriasis – die auf eine PsA hinweisen könne – ermögliche der Ultraschall die Befundsicherung (z.B. Abgrenzung gegen Onychomykose) sowie eine Verlaufskontrolle der Therapie.
Oligoartikuläre PsA zu spät und zu schwach behandelt
Typische klinische Ausprägungen der PsA sind betroffene End- und Mittelgelenke, Strahl- und Transversalbefall, Enthesitis, Wirbelsäulenbeteiligung sowie die Oligoarthritis, erklärte Prof. Johannes Strunk, Klinik für Rheumatologie, Krankenhaus Porz am Rhein, Köln. Bei der oligoartikulären PsA seien vorwiegend die kleinen Gelenke der Finger und Zehen befallen, aber auch Knie- und Sprunggelenke könnten involviert sein. Die Oligoarthritis ist durch eine Beteiligung von 1-4 Gelenken gekennzeichnet – sie werde im Vergleich zur Polyarthritis oft zu Unrecht als harmlosere Form der PsA betrachtet. Dass diese Einstufung falsch sein könnte, lassen Daten einer Studie mit 707 PsA-Patient*innen vermuten, bei denen eine subjektiv empfunden hohe Krankheitslast anhand von Patient Reported Outcomes (PRO) erfasst wurde. [3] So berichteten deutlich mehr Patient*innen in der Gruppe mit Oligoarthritis von einer hohen Krankheitslast als in der Polyarthritis-Gruppe: Hinsichtlich der Gelenkbeschwerden waren dies 26,5% vs 15,5%, bezüglich des Hautbefundes 15,2% vs. 9,5%, beim Schmerz 29,5% vs. 17,9% und beim Symptom Fatigue 28,0% vs. 19,4%. [3] „In der Gruppe mit Oligoarthritis gaben fast doppelt so viele Patientinnen und Patienten an, unter einer hohen Krankheitslast zu leiden, verglichen mit der Polyarthritis-Gruppe. Wir tendieren dazu, die Oligoarthritis zu spät und zu schwach zu behandeln”, kommentierte Prof. Strunk.
Nach den EULAR-Leitlinien (Update 2019) sollte bei Patient*innen
mit Mono- oder Oligoarthritis und schlechten prognostischen Faktoren wie knöchernen Schäden, hohen Entzündungswerten, Daktylitis oder Nagelbeteiligung die Gabe von kon- ventionellen krankheitsmodifizieren- den Antirheumatika (csDMARDs) in Betracht gezogen werden. [4] Bei unzureichendem Ansprechen auf die csDMARD-Therapie kann bei einer milden Form der Erkrankung der PDE 4-Inhibitor Apremilast (Otezla®) eingesetzt werden, der bereits seit 2015 für die Indikation PsA zugelassen ist. [4,5]
Apremilast wirkt bei Oligoarthritis
Zur Wirksamkeit von Therapien bei Oligoarthritis gebe es kaum Studiendaten, bedauerte Strunk. Hinweise für das Potenzial von Apremilast liefere eine kleine Studie mit 150 Patient*innen mit oligoartikulärer PsA, bei der die neu initiierte Monotherapie mit Apremilast, Methotrexat (MTX) und biologischen DMARDs verglichen wurde. [6] Die Krankheitsaktivität unter Apremilast verbesserte sich stärker als unter MTX, obwohl die Behandelten der Apremilast-Gruppe eine höhere Krankheitsaktivität zu Therapiebeginn hatten. In der Apremilast-Gruppe konnten vergleichbare Verbesserungen wie unter bDMARDs erzielt werden. Apremilast sei eine effektive Therapieoption für Patient*innen mit oligoartikulärer PsA, so das Fazit der Autor*innen. [6]
Die richtige Therapie für den richtigen Patienten
Prof. Strunk verdeutlichte seine Erfahrungen mit Apremilast anhand einer Kasuistik und schilderte, wie wichtig es sei, die richtige Therapie für den richtigen Patienten zu finden: Ein 58-jähriger Patient mit Oligoarthritis der Hand-, Knie- und Ellenbogengelenke litt auch unter Hepatitis C, die mittels antiviraler Tripeltherapie behandelt worden war. Aufgrund der Befürchtung, eine MTX-Therapie könne seiner Leber schaden, lehnte er die Einnahme ab. „Nach Primärversagen von Sulfasalazin erhielt der Patient auf eigenen Wunsch Apremilast, seitdem es im Jahr 2015 für die Indikation zugelassen wurde. Damit konnte bis heute ein guter Therapieerfolg erzielt werden”, berichtete der Rheumatologe.
Interdisziplinarität ist Trumpf
Die Bedeutung interdisziplinärer Behandlungskonzepte bei der Therapie von PSO und PsA unterstrich Priv. Doz. Dr. Philipp Sewerin, Rheumazentrum Ruhrgebiet, Universitätsklinikum der Ruhr-Universität Bochum. Dies spiegele sich auch in den EULAR-Leitlinien wider: so werde beispielsweise empfohlen, bei der Therapie der PsA auch nicht-muskuloskelettale Manifestationen (Haut, Augen, Gastrointestinaltrakt) zu berücksichtigen und auf Komorbiditäten wie metabolisches Syndrom, kardiovaskuläre Erkrankungen und Depression zu achten. [4] Durch die zunehmende Zusammenarbeit der Fachdisziplinen Rheumatologie und Dermatologie sei die Versorgungsnotwendigkeit ins Bewusstsein gerückt: „In unserem Rheumazentrum werden für komplexe PSO- bzw. PsA-Patient*innen gemeinsame Sprechstunden abgehalten“, berichtete er. Angesichts der vielfältigen Komorbiditäten sei darüber hinaus eine Kooperation
mit Kolleg*innen aus der Kardiologie, Diabetologie, Schmerztherapie, Psychologie usw. sinnvoll.
Davon könnten die Patient*innen profitieren, wie auch eine Studie mit 506 Patient*innen mit moderater bis schwerer PSO und PsA zeigte. [7] Die gemeinsame Betreuung durch Rheumatolog*innen und Dermatolog*innen bewirkte, dass Haut- und Gelenksymptome verbessert und eine hohe Zufriedenheit erreicht werden konnte (94% waren sehr zufrieden).
„Das Therapieziel bei der Behandlung von PSO und PsA ist die Remission bzw. das Erreichen einer minimalen Krankheitsaktivität (Minimal Disease Activity, MDA). Es ist daher wichtig, nicht nur die Gelenke – also die tender und swollen joint counts – zu beurteilen, sondern auch die Enthesen und die Haut. Es macht Sinn, die interdisziplinäre Zusammenarbeit in den Alltag zu integrieren, um die unterschiedlichen Domänen der komplexen Erkrankung zu adressieren“, so Sewerin abschließend.
Quelle: Symposium „Interdisziplinäre Rheumatologie: Individualisierte Therapie in der Praxis“ im Rahmen des Deutschen Rheumatologiekongresses, 1. September 2022, Berlin, Veranstalter: Amgen GmbH
Literatur
1. Mease PJ et al. J Am Acad Dermatol 2013; 69(5):729–35
2. Scher JU et a. Nat Rev Rheumatol 2019 Mar; 15(3): 153-166
3. Huscher D et al. Abstract 679 ACR 2015
4. Gossec L et al. Ann RheumDis 2020;79:700–712
5. Fachinformation Otezla®, aktueller Stand
6. Ogdie A et al. The Journal of Rheumatology 2021; 48: 693-7
7. Cobo-Ibáñez T et al. Rheumatol Int 2016; 36,221–229.