Psoriasis

Psoriasis intertriginosa: Wenn Haut auf Haut trifft

Es gibt ganz typische Körperstellen, an denen sich eine Psoriasis zeigen kann. Dazu gehören der Kopf, die Region hinter den Ohren, die Streckseiten der Ellenbogen und Knie oder auch die Kreuzbeinregion. Hier zeigt sich die Erkrankung meist mit silbrig-glänzenden Schuppen. Medizinerinnen und Mediziner sprechen von der Psoriasis vulgaris.

Die Psoriasis kann aber auch an anderen Körperstellen auftreten, nämlich dort, wo Haut auf Haut stößt: in Achseln, Bauchfalten, unterhalb der Brüste, in den Leisten, in der Gesäßfalte und im Genitalbereich. An diesen Stellen fehlt die charakteristische Schuppenbildung, denn in den meist feuchten Hautfalten können sich Schuppen nicht ausbilden. Die Hauterscheinungen sind trotzdem scharf begrenzt und hell- bis dunkel- rot. Sie können nässen und haben manchmal auch Einrisse (Fissuren) und offene Stellen, die einer Wunde gleichen. Bei dieser Form der Psoriasis sprechen Medizinerinnen und Mediziner von einer Psoriasis intertriginosa (lateinisch: inter – zwischen; trigon – Dreieck).

„Diese Form ist gar nicht so selten“, sagt Prof. Dr. Uwe Wollina, Chefarzt der Klinik für Dermatologie und Allergologie am städtischen Klinikum in Dresden und Mitglied im Wissenschaftlichen Beirat des Deutschen Psoriasis Bundes e.V. (DPB). Bis zu 40% aller Menschen mit Psoriasis vulgaris entwickelt im Laufe des Lebens auch einmal eine Psoriasis intertriginosa. In seltenen Fällen ist diese Form der Erkrankung die einzige und die Patientinnen und Patienten entwickeln keine Psoriasis vulgaris. Die genannten 40% beziffern die Anzahl des Krankheitsauftretens während eines gesamten Lebens (Lebenszeitprävalenz). Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben zudem auch das Vorkommen der Psoriasis intertriginosa innerhalb der Psoriasispatienten, gemessen an einem bestimmten Stichtag (Punktprävalenz), ermittelt; es liegt bei 3-5%. Sie räumen aber ein, dass von einer großen Dunkelziffer ausgegangen werden kann.

„Die Psoriasis intertriginosa fällt manchmal einfach niemandem auf“, sagt der Dermatologe Wollina. Leichte Formen mit kleineren Stellen verursachen häufig keine Beschwerden. Erst bei zunehmendem Schweregrad klagen Patientinnen und Patienten über Jucken und Brennen, manchmal auch über Schmerzen. Dann müssen Dermatologinnen und Dermatologen die richtige Diagnose stellen. „Aber da sind Verwechslungen leicht möglich“, sagt der Fachmann aus Dresden. Immer wieder wird die Psoriasis in den Hautfalten für ein Ekzem (Entzündung der obersten Hautschicht) oder Pilz gehalten.

Intertriginös oder invers?

Häufig werden die Begriffe Psoriasis intertriginosa und Psoriasis inversa gleichermaßen für die Erkrankung von Körperfalten bei Psoriasis verwendet. Streng genommen sollte von einer Psoriasis inversa nur dann gesprochen werden, wenn anstelle der Streckseiten von Armen und Beinen die Beugeseiten erkrankt sind. Invers bedeutet nämlich „umgekehrt“.

Abb. 1: Menschen mit Übergewicht haben häufig viele Hautfalten, in denen sich eine Psoriasis intertriginosa bilden kann.

Dann gibt es noch den speziellen Fall der Psoriasis intertriginosa im Genitalbereich oder im Bereich des Afters (Analbereich). „Hier verschweigen Patientinnen und Patienten die Beschwerden häufig aus Scham“, weiß Wollina und hält das für besonders problematisch. Denn obwohl der erkrankte Hautbereich sehr klein ist, können die negativen Auswirkungen auf die Lebensqualität besonders hoch sein. „Das kann bis hin zu Störungen der Sexualität führen“, sagt der Fachmann.

Bei den Therapieformen sind die Möglichkeiten viel eingeschränkter als bei einer Psoriasis vulgaris. „Da ist das Ende der Fahnenstange schnell erreicht“, bedauert Wollina. Wirkstoffe zur äußerlichen Therapie, die bei der Psoriasis vulgaris gut funktionieren, können in den intertriginösen Arealen nicht oder nur eingeschränkt angewandt werden. Die Haut ist dort besonders dünn und nimmt sehr viel mehr von einem Wirkstoff auf. Zudem verhalten sich die Salben und Cremes zwischen zwei Hautfalten wie bei einem Okklusionsverband: die Haut quillt auf und es kann noch mehr Wirkstoff eindringen. Dithranol (Cignolin) wird daher gar nicht verwendet. Präparate mit Vitamin D (Wirkstoffe: Calcitriol, Calcipotriol, Tacalcitol) verursachen häufig eine nichtallergische Reizung.

Erfahrungen gibt es auch mit einer Wirkstoffgruppe, die nicht für die Therapie der Psoriasis zugelassen ist: die Calcineurin-Hemmer (Tacrolimus, Pimecrolimus). Dabei zeigt Tacrolimus eine recht gute Wirkung bei Psoriasis intertriginosa. Allerdings sind die Präparate als Salbe eben nur für die Neurodermitis zugelassen. Deshalb könnte eine Behandlung der Psoriasis intertriginosa nur als sogenannte Off-Label-Therapie erfolgen. Off-Label-Use bedeutet sinngemäß „nicht bestimmungsgemäßer Gebrauch“. Gemeint ist damit, dass ein Arzneimittel gegen eine Erkrankung eingesetzt wird, für die es von den Zulassungsbehörden keine Genehmigung hat. Grundsätzlich ist Ärztinnen und Ärzten eine zulassungsüberschreitende Anwendung von Arzneimitteln erlaubt, sie ist aber mit allerhand Auflagen und Schwierigkeiten verbunden und die gesetzlichen Krankenkassen übernehmen die Kosten der Behandlung nur in Ausnahmefällen.

UV-Bestrahlungen sind für die Behandlung der Psoriasis intertriginosa zwar zugelassen. „Aber die Stellen sind meist in den Hautfalten so versteckt, da kommt man mit Licht überhaupt nicht hin“, sagt der Dermatologe. „So bleibt meist nur das Kortison“, erklärt Wollina. Das Risiko, dass die Haut an den mit Kortison (Fachleute sprechen von Kortikosteroiden) behandelten Stellen ausdünnt, ist bei vorsichtiger Anwendung nicht so hoch, wie viele Patientinnen und Patienten fürchten. Verschrieben werden hier Wirkstoffe der niedrigeren Klassen II oder III.

Die Salbengrundlage muss dem Zustand der erkrankten Haut angepasst werden. Fetthaltige Salben sollten auf keinen Fall auf hochentzündete intertriginöse Stellen aufgetragen werden. Es besteht die Gefahr, dass die Haut aufweicht, weil das Klima dort sowieso schon sehr feucht ist und durch die Fettschicht der Salbe keine Luft mehr herankommt.

Wer für seine Psoriasis vulgaris eine innerlich wirkende (systemische) Therapie erhält, hat meist keine Probleme mit der Psoriasis intertriginosa. Denn die Behandlung wirkt gleichzeitig auch für diese Form. In schweren und die Lebensqualität stark belastenden Fällen von Psoriasis in den Hautfalten ohne eine zusätzliche mittelschwere oder schwere Psoriasis vulgaris, kann ebenfalls eine Systemtherapie verschrieben werden. Infrage kommen alle für die Psoriasis vulgaris zugelassenen Wirkstoffe: Fumarsäureester, Methotrexat (MTX), Ciclosporin und Acitetrin. Die neueste Wirkstoffgruppe der Biologika und Biosimilars kann hingegen nicht einfach zur Behandlung einer schweren und belastenden Form der Psoriasis intertriginosa verschrieben werden. Sie sind jeweils zugelassen für das Anwendungs- gebiet „Plaque-Psoriasis“. „Bei der Psoriasis intertriginosa gibt es aber keine Plaques“, sagt Wollina. Wer mit dieser Wirkstoffgruppe wegen seiner Psoriasis vulgaris behandelt wird, profitiert trotzdem, denn auch in diesem Fall hat die Behandlung eine positive Wirkung auch auf die intertriginösen Hautstellen.

Insgesamt sieht Wollina bei der Behandlung der Psoriasis intertriginosa einen Bedarf an innovativen Therapie-Verfahren. „Wir haben hier zur Behandlung noch keine guten Alternativen.“ Doch für die Zukunft erwartet er noch einige Verbesserungen. Zurzeit laufen Studien mit neuen Verabreichungs- und Wirkstoffträgersystemen für äußerliche (topische) Therapien. „Davon könnte auch die Behandlung der Psoriasis intertriginosa profitieren“, sagt Wollina.

Tipps zu Prophylaxe und Selbsthilfe

Wer an einer Psoriasis intertriginosa erkrankt ist, hat es häufig mit feuchten Plaques zu tun. Zwischen die Haut können auf die feuchten Areale Baumwollkompressen gelegt werden, um die Stellen auszutrocknen. Aus dem gleichen Grund sollten Patientinnen und Patienten auf zu enge Kleidung verzichten. Darüber hinaus sollten Baumwollgewebe anstatt Nylon-haltiger Wäsche bevorzugt werden.

Zu starkes Übergewicht lässt eine ganze Reihe Hautfalten entstehen, in denen sich eine Psoriasis intertriginosa bilden kann.
Ein Abnehmprogramm wäre in diesem Fall hilfreich. Das sollten Patientinnen und Patienten in Erwägung ziehen. Ärztinnen und Ärzte können bei einem Abnehmwunsch helfen und sollten darauf angesprochen werden. Gegen das Jucken im Genital- und Analbereich helfen Sitzbäder mit Eichrindenextrakt, Tannolact oder Tannosynt.

Quelle: PSO Magazin 6/2020