Psoriasis

Psoriasis und Psyche

Sonderforschungsbereich der Deutschen Forschungsgemeinschaft zur Behandlungserwartung

Psoriasis-Patientinnen und -Patienten leiden im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung überdurchschnittlich häufig an psychischen Erkrankungen. Dies wird als psychische Komorbidität bezeichnet. Bis zu 30% der Psoriasis-Patientinnen und -Patienten leiden unter depressiven Reaktionen im Gegensatz zu rund 10% der deutschen Allgemeinbevölkerung. Das Risiko steigt mit dem Schweregrad der Psoriasis und ist höher bei gleichzeitig bestehender Psoriasis-Arthritis.

Auch das Risiko von suizidalen Ereignissen ist unter Psoriasis- Patientinnen und -Patienten höher als im Durchschnitt und nimmt mit zunehmender Krankheitsschwere zu. Zudem leiden Psoriasis-Patientinnen und -Patienten häufiger unter Angststörungen. Auch Suchterkrankungen, allen voran Alkohol- und Nikotinsucht, sind unter Psoriasis- Patientinnen und -Patienten weit verbreitet. Bereits Kinder mit Psoriasis haben ein höheres Risiko für Depressionen und Angststörungen.

Woher die vermehrte psychische Komorbidität bei Psoriasis-Patientinnen und -Patienten kommt, ist bis heute nicht sicher geklärt. Man geht zum einen davon aus, dass die Stigmatisierung und der oftmals damit einhergehende soziale Rückzug das Auftreten von psychischen Erkrankungen wie Depressionen, Angststörungen und Suchterkrankungen fördert. In den letzten Jahren mehrten sich jedoch auch Hinweise dafür, dass Psoriasis und Depressionen über gemeinsame Entzündungsprozesse miteinander verknüpft sind. Sowohl die Psoriasis als auch Depressionserkrankungen gehen mit einer chronischen niedriggradigen systemischen Entzündung einher.

In Versuchen mit Mäusen konnte kürzlich gezeigt werden, dass Anti- Interleukin(IL)17A-Antikörper in der Lage sind, depressives Verhalten zu vermindern. Auch in Studien mit Patientinnen und Patienten ergaben sich Hinweise, dass Biologika, die bestimmte pro-inflammatorische Zytokine (entzündungsfördernde Botenstoffe) blockieren und darüber den Hautbefund bei der Psoriasis verbessern, zusätzlich die Schwere von depressiven Reaktionen verringern. Es ist jedoch schwierig zu unterscheiden, ob die verminderte Depressivität ein direkter Effekt der anti-entzündlichen Behandlung mit Biologika oder eher ein indirekter Effekt ist, der sich über den verbesserten Hautzustand ergibt.

Psychischer Stress ist ein bekannter Auslösefaktor (Trigger) für Psoriasis und sogenannte „Stressful life events“ (beispielsweise der Tod von nahen Angehörigen) gehen nicht selten dem ersten Ausbrechen oder einem Schub der Psoriasis voraus. Es ist mittlerweile gut dokumentiert, dass Gehirnfunktionen, psychische Prozesse und Funktionen unseres Immunsystems sehr eng miteinander verknüpft sind. Aktuelle Forschungsergebnisse zeigen, dass es bei der Psoriasis durch Stress und andere psychische Prozesse zu einem dynamischen Zusammenspiel zwischen dem Nervensystem und Immunzellen in der Haut kommt. Das kann zu einem Ausbrechen oder einem Schub der Psoriasis beitragen. Man spricht von der sogenannten „brain-skin axis“ („Hirn-Haut-Achse“).

Weitere Belege für die engen Zusammenhänge zwischen Haut, Psyche und Immunsystem stammen aus der Placebo-Forschung. So beeinflusst beispielsweise die Erwartung von Patientinnen und Patienten an den Nutzen einer bestimmten Therapie
in hohem Maße die Entwicklung und den Verlauf von Krankheitssymptomen sowie die Wirksamkeit und Verträglichkeit von medikamentösen Therapien. Diese „Macht der Erwartung“ ist ein Grund dafür, warum es in klinischen Studien häufig hohe Ansprechraten im Placebo-Arm gibt. Eine negative Erwartung kann jedoch auch dazu führen, dass Behandlungsergebnisse schlechter sind („Nocebo-Effekt“). Verschiedene Faktoren haben Einfluss auf die Erwartungen von Patientinnen und Patienten: Die Kommunikation mit Mitarbeitenden aus dem Gesundheitswesen, eigene persönliche Vorerfahrungen mit früheren Behandlungen, Charakteristika des therapeutischen Umfeldes beziehungsweise der Intervention an sich sowie die Beobachtung des Therapieerfolgs bei anderen.

Für verschiedene Hauterkrankungen konnte bereits gezeigt werden, dass die Erwartung der Patientinnen und Patienten eine große Rolle spielt. Es ist jedoch bisher nicht bekannt, ob die subjektiven Beschwerden und die Wirksamkeit einer Systemtherapie bei Psoriasis-Patientinnen und -Patienten durch eine Optimierung der Erwartung günstig beeinflusst werden können und inwiefern bestimmte psychologische Faktoren dabei eine Rolle spielen.

Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) hat zum 1. Juli 2020 einen neuen überregionalen Sonderforschungsbereich (SFB/Transregio) mit dem Titel „Treatment Expectation“ (= „Behandlungserwartung“) eingerichtet. Beteiligt sind die Unikliniken Essen, Hamburg sowie Gießen/Marburg. Das interdisziplinäre Team untersucht den Einfluss der Erwartung auf die Wirksamkeit medizinischer Behandlungen. In einem Teilprojekt, das in Kooperation der Klinik für Dermatologie mit dem Institut für Medizinische Psychologie und Verhaltensimmunbiologie (Prof. Dr. Manfred Schedlowski) an der Uniklinik Essen durchgeführt wird, wird der Einfluss von psycho- logischen Faktoren und der Erwartungshaltung auf das Wirkansprechen der Therapie mit Secukinumab bei Psoriasis-Patientinnen und Patienten auf subjektiver und objektiver Ebene untersucht. Ein positiver Ausgang der Studie könnte eine mögliche Dosisreduktion der Systemtherapie ermöglichen, wodurch sich unerwünschte Nebenwirkungen zum Wohle der Patientinnen und Patienten reduzieren ließen, bei gleichzeitiger Maximierung der therapeutischen Effekte. 􏰅

Quelle: PSO Magazin 5/2020