Therapiemanagement bei Psoriasis-Arthritis verbessern
Individualisierte Behandlungskonzepte und interdisziplinäre Zusammenarbeit
Die Therapie der Psoriasis-Arthritis (PsA) stellt Rheumatolog*innen vor eine interdisziplinäre Herausforderung. Denn die heterogene Erkrankung kann sich in vielfältigen Manifestationsformen äußern und mit zahlreichen Komorbiditäten einhergehen. Eine enge Zusammenarbeit mit anderen Fachrichtungen sowie individualisierte Therapiekonzepte seien daher besonders wichtig, betonten Expert*innen bei einem Symposium anlässlich des Deutschen Rheumatologiekongresses.
Die Fachleute berichteten, dass die Oligoarthritis bei PsA oftmals unterschätzt werde und plädierten dafür, diese nicht zu spät und zu schwach zu behandeln. Für die Therapie der oligoartikulären PsA eignet sich zum Beispiel der Phosphodiesterase 4 (PDE 4)Inhibitor Apremilast (Otezla®) [1], wenn eine vorangegangene Therapie mit konventionellen krankheitsmodifizierenden Antirheumatika (csDMARD) keinen Erfolg brachte.
Psoriasis ist eine chronisch entzündliche Systemerkrankung, die sich in verschiedenen Manifestationsformen äußern kann. So entwickelt zum Beispiel knapp ein Drittel der PsoriasisBetroffenen im Verlauf auch eine PsoriasisArthritis (PsA). [2] Typische klinische Ausprägungen
der PsA sind betroffene End und Mittelgelenke, Strahl und Trans versalbefall, Enthesitis, Wirbelsäulenbeteiligung sowie die Oligoarthritis, erinnerte Prof. Johannes Strunk, Klinik für Rheumatologie, Kranken haus Porz am Rhein (Köln).
Oligoartikuläre PsA wird unterschätzt
Besonders der Oligoarthritis, die durch einen Befall von 1 bis 4 Gelenken gekennzeichnet ist, werde oft noch zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Bei der oligoartikulären PsA seien vorwiegend die kleinen Gelenke der Finger und Zehen betroffen, aber auch Knie und Sprunggelenke könnten involviert sein. „Oftmals wird die Oligoarthritis mit einer geringeren Anzahl betroffener Gelenke im Vergleich zur Polyarthritis als harmlosere Form der PsA angesehen – aber ist das wirklich so? Möglicher weise ist es schlimmer als wir denken“, sagte Strunk. Darauf deute auch eine Studie mit 707 PsAPatient*innen hin, bei der eine subjektiv empfundene hohe Krankheitslast anhand von Patient Reported Outcomes (PRO) erfasst wurde. [3] „In der Gruppe mit Oligoarthritis gaben fast doppelt so viele Patientinnen und Patienten an, unter einer hohen Krankheitslast zu leiden verglichen mit der PolyarthritisGruppe“, erklärte der Rheumatologe. [2]
Gemäß den EULARLeitlinien (Update 2019) sollte bei Patient*innen mit Mono oder Oligoarthritis und schlechten prognostischen Faktoren wie knöchernen Schäden, hohen Entzündungswerten, Daktylitis oder Nagelbeteiligung, die Gabe von csDMARDs in Betracht gezogen werden. [4] Bei unzureichendem Ansprechen auf die csDMARD Therapie kann bei einer milden Form der Erkrankung der PDE 4Inhibitor Apremilast (Otezla®) eingesetzt werden. [3] Der PDE 4Inhibitor ist bereits seit 2015 für die Indikation PsA zugelassen. [1]
Apremilast effektiv bei Oligoarthritis
Es gebe nur wenig Studiendaten zur Wirksamkeit von Therapien bei Oligoarthritis, aber eine kleine Studie mit 150 Patient*innen mit oligoartikulärer PsA könne Anhalts punkte für die Wirksamkeit liefern, berichtete Strunk. [5] Hierbei wurde die neu initiierte Monotherapie mit Apremilast, Methotrexat (MTX) und biologischen DMARDs verglichen.
Es zeigten sich deutlichere Verbesserungen der Krankheitsaktivität unter Apremilast im Vergleich
zu MTX, obgleich die Behandelten der ApremilastGruppe eine höhere Krankheitsaktivität zur Baseline hatten. In der ApremilastGruppe konnten vergleichbare Verbesserungen wie unter bDMARDs erzielt werden. Die Autor*innen schlussfolgern, dass Apremilast eine effektive Therapieoption für Patient*innen mit oligoartikulärer PsA darstellen kann. [4]
Strunk schilderte seine Erfahrun gen aus der klinischen Praxis mit Apremilast bei einem 58jährigen Patienten mit einer Oligoarthritis der Hand, Knie und Ellenbogengelenke. Der Patient hatte zudem eine Hepatitis C, die mittels antiviraler Tripeltherapie behandelt worden war und er lehnte die Einnahme von MTX ab. „Nach Primärversagen von Sulfasalazin erhielt der Patient auf eigenen Wunsch Apremilast seit der Zulassung für die Indikation im Jahr 2015. Damit konnte bis heute ein guter Therapieerfolg erzielt werden”, berichtete der Rheumatologe.
„Die richtige Therapie für den richtigen Patienten bei oligoartikulärer PsA ist immer individuell und hängt auch von der Gesamtausprägung ab. Die Therapiewahl sollte Komorbiditäten berücksichtigen und im Sinne einer shared decision gemeinsam mit der Patientin oder dem Patienten getroffen werden. Wir tendieren dazu, die Oligoarthritis zu spät und zu schwach zu behandeln – daher sollte die Therapie vor allem nicht zu spät begonnen werden“, unterstrich Strunk.
PsA-Frühdiagnose mittels Ultraschall
Die PsA werde oft erst spät diagnostiziert – dabei könnte eine frühere Behandlung einen günstigeren Verlauf ermöglichen und gegebenenfalls sogar helfen, die Manifestation einer PsA hinauszuzögern, berichtete PD Dr. med. Stephanie Finzel, Klinik für Rheumatologie und klinische Immunologie, Universitätsklinikum Freiburg. [6] „Daher ist eine möglichst frühe Diagnose entscheidend. Hierbei nimmt der Ultraschall eine wichtige Rolle ein.“ Während bei einer Beurteilung mittels Röntgenbild bereits eine Destruktion vorliegen muss, ist es mithilfe des Ultraschalls früher möglich, Veränderungen zu erkennen. Die Technik eigne sich, um Sehnen und Enthesen zu beurteilen. Selbst bei Nagelpsoriasis könne das Verfahren zur Therapieverlaufskontrolle sowie zur Befundsicherung (z.B. bei Verdacht auf Onychomykose) genutzt werden.
Zentraler Stellenwert der inter- disziplinären Zusammenarbeit
Den hohen Stellenwert interdisziplinärer Behandlungskonzepte bei der Therapie von Psoriasis (PSO) und PsA betonte PD Dr. Philipp Sewerin, Rheumazentrum Ruhrgebiet Universitätsklinikum der RuhrUniversität Bochum. So sei es wichtig, Kolleg*innen aus der Dermatologie, Allgemeinmedizin und Psychologie mit in das Behandlungskonzept einzubeziehen. Vor dem Hintergrund
der vielfältigen Komorbiditäten sei darüber hinaus eine Kooperation mit Kardiolog*innen, Diabetolog*innen und Schmerzspezialist*innen sinn voll. Durch die zunehmende Zusammenarbeit der Fachdisziplinen Rheumatologie und Dermatologie sei die Versorgungsnotwendigkeit ins Bewusstsein gerückt: „Bei uns werden für komplexe PSO bzw. PsAPatient*innen gemeinsame Sprechstunden abgehalten“, berichtete Sewerin. Es gebe Hinweise dafür, dass Patient*innen mit moderater bis schwerer PSO und PsA von einem multidisziplinären Therapiemanagement profitieren können. [7] So zeigte eine Datenauswertung von 506 Patient*innen, dass aufgrund der gemeinsamen Betreuung durch Rheumatolog*innen und Dermatolog*innen Haut und Gelenksymptome verbessert und eine hohe Zufriedenheit erreicht werden konnte (94% waren sehr zufrieden). [7]
Therapieziel: Remission oder MDA
Das Therapieziel bei der Behandlung von PSO und PsA sei die Remission bzw. das Erreichen einer minimalen Krankheitsaktivität (Minimal Disease Activity, MDA), unterstrich Sewerin. „Dafür ist es wichtig, nicht nur die Gelenke – in Form der tender und swollen joint counts – sondern auch die Enthesen und die Haut zu beurteilen. Wir müssen als Rheumatolog*innen interdisziplinär mit unseren dermatologischen sowie auch gastroenterologischen und augenärztlichen Kolleg*innen zusammenarbeiten, um all die unterschiedlichen Domänen der komplexen Erkrankung zu adressieren. Es macht Sinn, die gemeinsame Zusammenarbeit in den Alltag zu integrieren.“
Auch in den EULARLeitlinien (Update 2019) bestehe Einigkeit darüber, dass bei der Therapie der PsA auch nichtmuskuloskelettale Manifestationen (Haut, Augen, Gastrointestinaltrakt) berücksichtigt und auf Komorbiditäten wie metabolisches Syndrom, kardiovaskuläre Erkrankungen und Depression geachtet werden sollte. [4] T
Quelle: Satellitensymposium „Interdisziplinäre Rheumatologie: Individualisierte Therapie in der Praxis” im Rahmen des Deutschen Rheumatologiekongresses (DGRh). 1. September 2022; Veranstalter: Amgen GmbH
Literatur
1. Fachinformation Otezla®, aktueller Stand
2. Mease PJ et al. J Am Acad Dermatol 2013; 69(5):729–35
3. Huscher D et al. Abstract 679 ACR 2015
4. Gossec L et al. Ann RheumDis 2020;79:700–712
5. Ogdie A et al. The Journal of Rheumatology2021; 48: 693-7
6. Scher JU et a. Nat Rev Rheumatol 2019 Mar;15(3): 153-166
7. Cobo-Ibáñez T et al. Rheumatol Int 2016; 36,221–229.