Rheumatoide Arthritis

Zytokine und die Rolle des JAK/STAT-Signalwegs bei Schmerzen

Dr. A. Häckel

Starke Schmerzen sind bei Patient*innen mit rheumatoider Arthritis (RA) über alle Altersstufen der am meisten belastende Faktor, weit vor eingeschränkter Mobilität oder Selbstversorgung im Alltag. An der Schmerzwahrnehmung beteiligt sind wesentlich periphere Nozizeptoren. Diese tragen ebenso wie Hinterhornganglien und supraspinale ZNS-Zellen eine Vielzahl verschiedener Rezeptoren für Zytokine, Neuropeptide, adrenerge Mediatoren und Entzündungsmediatoren.

Pro­ und antiinflammatorische Zytokine können dabei auf allen Ebenen der Schmerzwahrnehmung, ­weiterleitung und ­-rezeption die Schmerzsignale modulieren, betonte Prof. Dr. Christoph Baerwald, Uni­versität Leipzig, bei einer Veranstal­tung im Rahmen des diesjährigen Rheumatologie­Kongresses. Die Blut­-Hirnschranke kann von Zytoki­nen über Lücken der circumventriku­lären Organe durch aktiven Transport überwunden und zudem durch via Vagusnerv ins Hirn geleitete Signale beeinflusst werden. So ist tier­ experimentell nachgewiesen worden, dass Interleukin-­6 und ­-17 an der mechanischen Hyperalgesie beteiligt sind, TNF­-alpha sowohl mechanische Hyperalgesie als auch thermische Hyperalgesie verstärkt und Interleu­kin­-1b die thermische Hyperalgesie verstärkt. [1] Dies sind also potenzi­ell rheumatologisch antagonisierbare Zytokine, die über die Entzündung hinaus auch die Schmerzentstehung und ­verarbeitung beeinflussen, so Baerwald.

Schmerz als primäres Therapie­ziel wurde lange Zeit bei der Untersuchung immunsuppres­siver Therapien in randomisiert placebokontrollierten Studien kaum differenziert untersucht. [2] Eine bahnbrechende Untersuchung [3] zum Zusammenhang zwischen einer Anti­-TNF­-Therapie und der ZNS­ Aktivität bei RA­-Patient*innen hat jedoch bereits vor einigen Jahren mittels funktioneller MRT­Bildgebung (fMRT) nachgewiesen, dass sich bei Respondern auf eine solche Therapie nicht nur die Entzündung, sondern auch die Schmerzwahrnehmung bei Druck auf das betroffene Gelenk binnen weniger Tage reduziert. Dabei war bereits vor dem Rückgang der peripheren Entzündung die zentrale Schmerzwahrnehmung reduziert. Dieses Phänomen war abhängig vom Ausmaß der ZNS­-Vernetzung und Aktivität vor Therapie und fand sich kaum bei Nonrespondern auf die TNF-­Blockade.

Inzwischen wurde durch Analyse von Phase­3­Studien auch für den IL-­6­-Rezeptorantikörper Tocilizumab eine Reduktion des Schmerz­empfindens bei Ansprechen der Ent­zündungshemmung nachgewiesen. [4] Hier trat eine Schmerzreduktion unter Tocilizumab jedoch auch bei den Patient*innen auf, die auf die Entzündungshemmung nicht an­ gesprochen hatten. Das bedeutet, dass Tocilizumab am Schmerz etwas geändert hat, ohne die periphere Ent­zündung zu beeinflussen. „Wir können also mit Zytokinen auch Schmerz be­einflussen“, so Baerwald. Damit rückt der JAK/STAT­Signalweg und dessen Beeinflussung durch JAK-­Inhibitoren in den Fokus des Interesses.

So wurde in der RA­BEAM­Studie [5] bei RA­Patient*innen eine Ver­besserung des Parameters „Worst Joint Pain“ mit Baricitinib und Adalimumab im Vergleich zu Placebo nachgewiesen. Diese Schmerzreduk­tion trat unter dem JAK­-Inhibitor Baricitinib bereits drei Tage nach Therapiebeginn ein und war ab dem Tag 17 zudem Adalimumab signifi­kant überlegen. Ähnliche Daten liegen aus der SELECT­COMPARE­Studie [6] mittlerweile auch für Upadaciti­nib vor, wie Baerwald ergänzte.

Quelle: Deutscher Rheumatologiekongress 2022, Sitzung 14: „Schmerz und Schmerztherapie“, 3. September 2022

Literatur

  1.  Schaible HG, Arthritis Research & Therapy 2014;16:470
  2. Orbai et al., Curr Rheumatol Rep 2015
  3. Rech et al., Arthritis Rheum 2013;65:325
  4. Sebba et al., ACR 2020, Abstract No. 1237
  5. Keystone et al., Ann Rheum Dis 2017;76:1853-1861
  6. Fleischmann et al., EULAR 20230; Poster THU0201