Wie wird Rosacea aktuell leitliniengerecht behandelt?
Bei einem Symposium im Rahmen der 29. Fortbildungswoche für praktische Dermatologie und Venerologie in München präsentierte Prof. Dr. med. Peter Arne Gerber (Düsseldorf) ein Update zur leitliniengerechten Behandlung der Rosacea und stellte in diesem Zusammenhang auch eigene Erfahrungsberichte vor.
Die Grundlage der Rosacea-Behandlung sei, so Gerber, die S2k-Leitlinie, die 2022 beschlossen und publiziert wurde. Die internationalen Konsensus Grundlagen (ROSCO) beschreiben, dass der Phänotyp von Patient*innen eine individuelle Mischung aus klinischen Merkmalen der Rosacea sei. Darunter fallen Phyme, Teleangiektasien, entzündliche Papeln/Pusteln, persistierende Erytheme, transiente Erytheme und okuläre Auffälligkeiten sowie unangenehme Sensationen.
Auf topischer Ebene behandle man transiente sowie persistierende Erytheme mit Brimomidin, wohingegen entzündliche Papeln mit Ivermectin bei allen Schweregraden (leicht, mittelschwer, schwer) oder mit Azelainsäure bzw. Metronidazol bei leichten bis mittelschweren Fällen behandelt werden. Oral könne man nur entzündliche Papeln/Pusteln über Doxycyclin erfolgreich behandeln.
Licht-basierte Therapien wie Intense Pulsed Light (IPL) oder gepulster Farbstofflaser (PDL) eignen sich in besonderer Weise bei persistierenden Erythemen sowie bei Teleangiektasien. Bei klinisch nicht entzündeten Phymen werde die Anwendung von physikalischen Verfahren empfohlen.
Neuheiten der Sk2 Leitlinie seien zum einen das Therapieziel der kompletten Erscheinungsfreiheit, das als „CLEAR“ gelabelt wird, sowie das Einbeziehen der okulären Rosacea als neuer Schwerpunkt. Des Weiteren wurden Ratschläge für die Haut- und Köperpflege (Dermokosmetik) sowie psychosoziale Aspekte mit einbezogen.
Die Verbesserung des Managements der Rosacea durch frühere wirksame Therapien und längere Remissionszeiten habe einen Einfluss auf die Progression, die dadurch hinausgezögert werde. Daher sei das Therapieziel „CLEAR“ sehr wichtig, da man eine längere rezidivfreie Zeit und eine höhere Lebensqualität bei erscheinungsfreien Patient*innen (IGA 0) beobachtet habe. Bei 270 Patient*innen, die am Ende der Behandlung als erscheinungsfrei galten, wurde ein Rezidiv erst nach über acht Monaten festgestellt, wohingegen bei 487 Patient*innen, die als „fast erscheinungsfrei“ (IGA 1) beschrieben wurden, erste Rezidive nach bereits drei Monaten auftraten. Somit bleiben IGA-0-Patient*innen fünf zusätzliche Monate behandlungsfrei.
Es werde generell empfohlen, die Wahl des Wirkstoffs, der Konzentration und der Grundlage individuell nach phänotypischen Merkmalen der Rosacea, Akuität und Hauttyp der Patient*innen zu treffen. Zudem werde bei therapieresistenten und schweren Formen der Rosacea papulopustulosa empfohlen, die topische Therapie mit einer systemischen Behandlung zu kombinieren.
In der Sk2-Leitlinie werden Metronidazol und Ivermectin zur topischen Behandlung der Rosacea stark empfohlen. In direkten Vergleichsstudien mit 15%-igem Azelainsäure-Gel zeigte sich Metronidazol gleich wirksam. Geringe Unterschiede in der Bewertung der Wirksamkeit durch Patient*innen bzw. Ärzt*innen wurden als klinisch irrelevant eingestuft.
In einem direkten Vergleich mit topischem Ivermectin (1% Creme, 1x täglich) war Metronidazol (0,75% Creme, 2x täglich) bezüglich frühem Wirkungsbeginn und Abnahme der entzündlichen Papeln und Pusteln im 16-wöchigen Studienverlauf unterlegen. Ein signifikanter Unterschied wurde bereits nach drei Wochen beobachtet und Patient*innen erzielten mit Ivermectin (1% Creme) den Score IGA 0 schneller und effektiver als mit Metronidazol (0,75% Creme), da 60% mehr Patient*innen unter Ivermectin nach 16 Wochen als erscheinungsfrei galten als unter Metronidazol. Außerdem wurde beobachtet, dass Ivermectin zu einer Reduktion von Demodex-Milben auf der Haut führte (Olah et al. unpublished) und sich das Hautmikrobiom veränderte, indem die Anzahl kommensaler Staphylococcus-Vertreter erhalten blieb.
Als systemische Therapie der 1. Wahl werde niedrigdosiertes Doxycyclin stark empfohlen, denn es ist die einzige für die Rosacea zugelassene orale Therapie. Neuerdings gebe es Doxycyclin-Kapseln, die aus zwei unterschiedlichen Kügelchen bestehen. Die Kügelchen aus verschiedenen Doxycyclin-Konzentrationen (30 mg oder 10 mg) werden zu unterschiedlichen Zeitpunkten (im Magen oder Dünndarm) aufgrund verschiedener pH-Werte freigesetzt und die Kapsel besitzt einen Magensaft-resistenten Überzug. Tatsächlich wirke diese Form der Freisetzung immunmodulierend und nicht antibiotisch, sodass das Mikrobiom keinen Schaden nehme. In Kombinationstherapie bei schweren und therapieresistenten leichten Formen der Rosacea werde eine niedrige Dosierung von Doxycyclin in Kombination von Ivermectin stark empfohlen, wohingegen Metronidazol sowie Azelainsäure ebenfalls alternativ verwendet werden könnten.
Neueste Daten zeigen die Therapie von Hintergrunderythemen der Rosacea (Flushing) mit Ivermectin (1% Creme) (Schaller 2022 Dermatol Ther). In dieser Studie habe man zudem die taktilen Faktoren des Hintergrunderythems untersucht und festgestellt, dass sich eine Reduktion des Erythems, aber auch eine Verbesserung der Hautqualität eingestellt habe. Diese Studie konnte auch eine Reduzierung der Demodex-Milben bestätigen und eine Abnahme der Flushing-Frequenz belegen. Zur Behandlung der Demodex-Milben, die häufig in den Drüsen der Augenlider sitzen, oder der okulären Rosacea werde empfohlen, das Ivermectin mithilfe eines Wattestäbchens an der Kante des Augenlids zu applizieren. Zudem äußerten sich Augenärzte zu dieser Behandlung, dass die Therapie mindestens ein halbes Jahr lang andauern sollte.
Dermokosmetisch empfehle die Sk2-Leitlinie in erster Linie leichte/ hydrophile Hautpflegepräparate sowie die tägliche Anwendung eines Breitspektrum-Sonnenschutzproduktes, das sowohl vor UV-A- als auch vor UV-B Strahlen schütze. Von der Verwendung reizender, durchblutungsfördernder Kosmetik werde abgeraten.
Die Erfassung psychosozialer Aspekte der Rosacea als Behandlungsindikation sei ebenfalls wichtig, um Erklärungen zu liefern, weshalb psychische Faktoren die Rosacea auslösen oder verschlimmern können. Zu den wesentlichen psychosozialen Aspekten gehören die Einschränkung der Lebensqualität, die Korrelation mit Depression und Angst, die soziale Phobie und Stigmatisierungsgefühle, Scham, Ekel und Selbstunsicherheit, aber auch Attraktivitätsverlust mit sozialen Einschränkungen. Zur Beratung und Beruhigung der Patient*innen verwendet Gerber die Patientenbroschüre „Aktiv gegen Rosacea“, die auch online aufrufbar ist und zum besseren Verständnis der Hautkrankheit beiträgt. Von den Patient*innen werde diese Broschüre gut und wertschätzend aufgenommen.
Fazit
Gerber resümierte, dass es eine große Krankheitsbelastung durch Rosacea gebe und diese in der Regel unterschätzt werde. Es gelte dabei auch psychosoziale Aspekte zu beachten. Dermokosmetisch werde dazu geraten, eine leichte, hydrophile Haut- und Sonnenschutzpflege zu verwenden. Als Behandlungsziel in der Rosacea-Therapie ist die absolute Erscheinungsfreiheit definiert, die als „CLEAR“ (IGA 0) bezeichnet wird. 1%-ige Ivermectin-Creme werde für alle Schweregrade der papulopustulösen Rosazea empfohlen und sei gegenüber Metronidazol in mehreren Aspekten überlegen, u.a. der stärkeren Abnahme entzündlicher Läsionen innerhalb von 16 Wochen sowie einem vollständig erscheinungsfreien Ergebnis (IGA 0) bei 60% der Patient*innen.