„Der Mensch zuerst?!“ – personalisierte Wundversorgung, digitale Revolution und die Zukunft der Behandlung
Interview mit Tagungspräsident Prof. Dr. Sebastian Probst (Genf) zum 4. WundD.A.CH Dreiländerkongress
„Der Mensch zuerst!?“ – dieses Leitmotiv des diesjährigen WundD.A.CH Kongresses, der vom 23.-24. Juni in Freiburg stattfindet, wirft eine zentrale Frage für die moderne Wundversorgung auf. Was bedeutet diese Fokussierung auf den Einzelnen konkret im klinischen Alltag? Welche Veränderungen prägen die Wundversorgung heute und welche innovativen Trends zeichnen sich für die Zukunft ab, insbesondere im Hinblick auf Künstliche Intelligenz und Robotik? Im Gespräch mit Tagungspräsident Prof. Dr. Sebastian Probst, einem Experten auf dem Gebiet der Wundversorgung, werden diese und weitere Aspekte beleuchtet.
Das Motto des Kongresses lautet ja „Der Mensch zuerst!?“ Was bedeutet diese Fokussierung auf den Einzelnen Ihrer Meinung nach konkret für die moderne Wund versorgung?
Prof. Probst: Für mich bedeutet dieses Motto vor allem, dass wir den Menschen wieder mehr in den Mittelpunkt rücken, nicht nur die Wunde an sich. Es geht darum, die Patientin bzw. den Patienten als Individuum wahrzunehmen, mit all ihren bzw. seinen Bedürfnissen, Sorgen, Lebensumständen und vielleicht auch Einschränkungen.
In der modernen Wundversorgung heißt das konkret: Wir müssen Behandlungen stärker personalisieren, mehr zuhören, gemeinsam Entscheidungen treffen und auch darauf achten, wie die Therapie in den Alltag der Patient*innen passt. Personenzentrierung heißt auch, die psychische Belastung zu berücksichtigen – denn chronische Wunden können nicht nur körperlich, sondern auch emotional sehr belastend sein. Ich finde es sehr passend, dass der Kongress dieses Thema in den Fokus stellt und konkrete Ansätze und Werkzeuge bietet, wie wir das auch im klinischen Alltag umsetzen können, etwa durch interaktive Workshops oder Diskussionen zur Kommunikation mit Patient*innen.
Inwieweit hat sich die Wund versorgung in den letzten Jahren aus Ihrer Sicht verändert und welche Trends sehen Sie für die Zukunft?
Prof. Probst: Die Wundversorgung hat sich in den letzten Jahren wirklich stark weiterentwickelt. Wir sehen heute deutlich mehr interdisziplinäre Zusammenarbeit, also dass Pflege, Ärzt*innen, Therapeut*innen und auch Patient*innen viel enger zusammenarbeiten als früher. Gleichzeitig hat die evidenzbasierte Praxis an Bedeutung gewonnen: Entscheidungen werden zunehmend auf Basis von Studien und Leitlinien getroffen, nicht mehr nur aus reiner Erfahrung heraus. (…)