„Man sollte versuchen, das Mikrobiom wieder ins Gleichgewicht zu bringen“
Interview mit Prof. Dr. Diamant Thaçi (Lübeck)
Kopfhautschuppen (Pityriasis capitis) stellen die dermatologische Praxis vor verschiedene Herausforderungen. Prof. Dr. Diamant Thaçi, Direktor des Instituts für Entzündungsmedizin, Universität zu Lübeck, spricht im Interview über den Einfluss des Mikrobioms der Kopfhaut auf die Entstehung von Pityriasis capitis und welche Wirkstoffe man für eine erfolgreiche Behandlung und Prävention einsetzen kann.
Herr Prof. Thaçi, wie entsteht Pityriasis capitis und was sind typische Ursachen für die Grunderkrankung mit Kopfhautschuppen?
Prof. Thaçi: Die Kopfhautschuppung ist ein normaler Prozess der Kopfhaut. Alle 28 Tage erneuert und regeneriert sie sich, hierbei werden die alten Kopfhautschuppen entfernt. Wenn es allerdings Auslöser von außen gibt, wie beispielsweise Noxen in Form von Stress oder Ernährung, kann sich die Kopfhaut entzünden. Diese Entzündungen können zu einer vermehrten Hautschuppung führen. Diese ist ausgeprägter als die normale Kopfhautschuppung, was auch deutlich sichtbar wird. Auf der Kopfhaut können sich Mikroorganismen kolonisieren und vermehren. Diese Mikroorganismen reizen die Kopfhaut und führen demnach zu einer verstärkten Schuppung.
Welche Rolle spielt das Mikrobiom der Kopfhaut und welchen Einfluss hat ein Ungleichgewicht des Mikrobioms auf die Entstehung von Pityriasis capitis?
Prof. Thaçi: Jedes Körperteil hat ein eigenes Mikrobiom. Die Diversität des Mikrobioms ist entscheidend, sodass kein einzelner Mikroorganismus überwiegt. Es kann zu einem Ungleichgewicht des Mikrobioms kommen, wenn zum Beispiel die Haare falsch gewaschen werden, das falsche Shampoo benutzt wird, zu oft oder zu selten gewaschen wird oder auch wenn eine Grunderkrankung vorliegt wie z.B. Diabetes. Allgemeine Hauterkrankungen können ebenfalls dazu führen, dass sich das Mikrobiom ändert. Es kann Monate dauern, bis sich das Mikrobiom erholt und wieder ins Gleichgewicht kommt. Das Mikrobiom im Ungleichgewicht kann einen negativen Einfluss auf die Haut haben. Auf der Kopfhaut kann es z.B. bei fettigen Haaren dazu führen, dass sich bestimme Mikroorganismen wie Malassezia schneller vermehren. Dadurch kann es zu verstärkter Kopfhautschuppung kommen.
Welche Strategien und Wirkstoffe werden zur Prävention bzw. Behandlung von Kopfhautschuppen angewandt?
Prof. Thaçi: Zuerst sollte man versuchen, das Mikrobiom wieder ins Gleichgewicht zu bringen. Die Keimzahl und Mikrobiom-Diversität muss daher analysiert werden. Durch eine Behandlung mit Präparaten wie z.B. einem Anti-Pilz-Mittel wird das Gleichgewicht des Mikrobioms schnell geändert, aber nicht direkt wieder hergestellt und in Balance gebracht. Die Präparate können negative und positive Effekte haben, bevor das Mikrobiom wieder ins Gleichgewicht kommt.
Wie sieht für Sie ein optimaler Behandlungsplan für die Akutbehandlungsphase und die Therapieerhaltungsphase aus?
Prof. Thaçi: Es ist entscheidend, ob eine sichtbare Entzündung vorliegt oder nicht. Man richtet sich also nach den klinischen Zeichen und Symptomen. Wenn es eine reine Kopfhautschuppung ist, kann man gut eine kurze Behandlung mit einem Anti-Pilz-Mittel machen. Begleitend und anschließend sollte man dann ein geeignetes Shampoo verwenden, das im Prozess unterstützt, so wie z.B. das Dercos Anti-Schuppen-Shampoo.
Was muss ein Produkt mitbringen, um die Patienten-Adhärenz zu steigern?
Prof. Thaçi: Produkte müssen heutzutage nicht nur medizinisch wirksam und gut verträglich sein, sondern auch kosmetisch überzeugen. Die Verträglichkeit muss natürlich sehr gut sein und die Patient*innen müssen merken, dass sich etwas verändert und es einen spür- und sichtbaren Effekt erzeugt.