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Prävention von Herpes zoster

Leitlinien medizinischer Fachgesellschaften geben klare Impfempfehlungen

Viele Menschen ab 50 Jahren und sogar mehr als die Hälfte aller über 65-Jährigen in Deutschland leiden an einer oder mehreren Grunderkrankungen. [1] Zu den häufigsten zählen Diabetes mellitus, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krebserkrankungen, chronische Lungenerkrankungen, Erkrankungen des Muskel-Skelett-Systems und psychische Erkrankungen. [2] Krankheitsbedingt oder durch äußere Faktoren – wie Medikamente zur Eindämmung der chronischen Erkrankung – kann das Immunsystem geschwächt sein, sodass ein höheres Risiko für virale oder bakterielle Infektionen besteht. So ist auch das Risiko für einen Herpes zoster (HZ) bei Patient*innen mit Grunderkrankungen erhöht. Mehr als 95% der über 60-Jährigen tragen das Varizella-Zoster-Virus in sich. [3] Bei HZ handelt es sich um eine Reaktivierung, also um ein endogenes Rezidiv des Erregers, der in spinalen Ganglien dauerhaft persistiert. [4]

Grunderkrankungen als Risikofaktor für Herpes zoster

Eine retrospektive Kohortenstudie basierend auf anonymisierten Abrechnungsdaten von ca. neun Millionen Versicherten der gesetzlichen Krankenkassen in Deutschland aus den Jahren 2007-2018 zeigte: Menschen mit Grunderkrankungen wie Diabetes mellitus, COPD oder koronarer Herzkrankheit haben ein um durchschnittlich 30% erhöhtes Risiko für Herpes zoster. [5] Bei einer HZ-Erkrankung sind diese Patient*innengruppen zudem deutlich stärker gefährdet, Post-Zoster-Neuralgie (PZN) und andere schwere Komplikationen zu entwickeln. [6,7] Um besonders anfällige Menschen mit angeborener oder erworbener Immunsuppression vor Herpes zoster und den schmerzhaften Folgen zu schützen, empfiehlt die Ständige Impfkommission (STIKO) seit Dezember 2018 eine HZ-Impfung für alle Personen mit Grunderkrankungen ab 50 Jahren. [8]

Leitlinien Medizinischer Fachgesellschaften empfehlen die Impfung gegen HZ

Aufgrund des erhöhten Risikos für Personen mit Grunderkrankungen empfehlen zahlreiche medizinische Fachgesellschaften die Impfung gegen HZ mit dem adjuvantierten Totimpfstoff. In den S2k-Leitlinien der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft (DDG) [9] findet sich unter Berufung auf die STIKO-Empfehlung eine klare Impfempfehlung mit dem HZ-Subunit-Totimpfstoff – bei Personen mit Grunderkrankungen und Immunsuppression bereits ab 50 Jahren empfohlen.

Auch die Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie (DGHO) empfiehlt in ihren Leitlinien eine HZ-Impfung für immunsupprimierte Patienten, gerade nach autologer Blutstammzelltransplantation. [10] Ein wichtiges Signal für alle onkologisch behandelnden Ärzt*innen, denn unter Immunsuppression steigt das HZ-Risiko für Betroffene signifikant um 75%.

Federführend durch die Deutsche Gesellschaft für Pneumologie (und in Zusammenarbeit mit der Deutschen Gesellschaft für Infektiologie und der Deutschen Gesellschaft für Immunologie) ist die HZ-Impfung auch Teil der S2k-Leitlinien bei Menschen mit Bronchiektasen infolge von Infektionen oder chronischen Lungenkrankheiten wie Mukoviszidose. Personen mit zystischer Fibrose, COPD oder Asthma haben ein deutlich erhöhtes Risiko für Herpes zoster, was mit dem Einsatz systemischer Steroide assoziiert wurde – ein Impfschutz ist demnach stark empfohlen. [11] Dies deckt sich mit den Empfehlungen des internationalen GOLD-Committees (Global Initiative for Chronic Obstructive Lung Disease), Personen mit COPD gegen HZ zu impfen. [12]

Unter der Schirmherrschaft der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) wurde erst im Januar 2024 die S3-Leitlinie aktualisiert. Auch hier wurde auf das HZ-Risiko verwiesen: Patienten mit Colitis ulcerosa unter JAKi-Therapie (Januskinase-Inhibitoren) haben aufgrund immunmodulierender Effekte ein erhöhtes Risiko und sollten entsprechend präventiv mit dem HZ-Totimpfstoff immunisiert werden. [13] Ebenso verweist die Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie und klinische Immunologie (DGRh) auf die Impfung für Patienten unter JAKi-Therapie. [14] Dies ist noch nicht Teil der Leitlinie, die Überarbeitung der Impfempfehlung der DGRh ist geplant. [15] Das HZ-Risiko bei Patient*innen mit rheumatoider Arthritis ist um 62% höher als bei Personen ohne Grunderkrankung. [5]

Neben den medizinischen Fachgesellschaften verweisen auch Patient*innenorganisationen auf das erhöhte HZ-Risiko und die Impfung – ein wichtiger Aspekt in der Aufklärung von Betroffenen. Das Diabetesinformationsportal (diabinfo) weist auf die erhöhte Gefährdung für Infektionskrankheiten wie Herpes zoster hin und empfiehlt die Impfung gemäß STIKO. [16] COPD Deutschland e.V. [17] und der Deutsche Allergie- und Asthmabund [18] empfehlen ihren Mitgliedern eine Impfung gegen Herpes zoster aufgrund des bei COPD um 55%, bei Asthma um 30% erhöhten Risikos. Der Bundesverband Niere [19] verweist in seinen Empfehlungen auf die Impfung. Gerade Personen mit chronischer Niereninsuffizienz, die ein um 29% erhöhtes HZ-Risiko haben, profitieren von der Impfung, um das Immunsystem zu entlasten. Die Deutsche Rheuma Liga bestärkt die Empfehlungen der STIKO und weist darauf hin, dass „Betroffene sich auch impfen lassen sollen, wenn sie noch jünger sind als die sonst übliche Altersgrenze von 60 beziehungsweise 50 Jahren.“ [20] Die Deutsche AIDS-Hilfe [21] weist auf den Impfschutz gegen Herpes zoster und die Wichtigkeit der regelmäßigen Impfpasskontrolle hin.

Medizinische Fachgesellschaften bieten wichtige Orientierung

Um den Schutz immunsupprimierter Patienten vor Herpes zoster deutlich in den Fokus zu nehmen, leisten medizinische Fachgesellschaften einen großen Beitrag. Ein Blick in deren Leitlinien verrät die aktuellen Empfehlungen und sollte regelmäßig auf Änderungen hin überprüft werden. Ärztinnen und Ärzte der oben genannten Fachbereiche, in denen Betroffene ein signifikant erhöhtes HZ-Risiko haben, können in Absprache mit dem behandelnden Hausarzt oder der Hausärztin dazu beitragen, unnötigen Schmerz bei ihren Patient*innen zu verhindern.

Quelle: GlaxoSmithKline GmbH & Co. KG

Literatur

1. Güthlin C et al (2020) Chronische Krankheiten in Deutschland. Zahlen, Fakten und Versorgungserfahrungen, Institut für Allgemeinmedizin der Goethe-Universität, Frankfurt am Main. Unter: http://publikationen.ub.uni-frankfurt.de/frontdoor/index/index/ docId/55045, zuletzt am 10.07.2024.

2. Robert Koch-Institut: Themenschwerpunkt Chronische Erkrankungen. Unter: https://www.rki.de/DE/Content/GesundAZ/C/Chron_Erkrankungen/Chron_Erkrankungen_inhalt.html?nn=13704208, zuletzt am 10.07.2024.

3. Hillebrand K; Journal of infection; 2015; 70;178-186.

4. Gershon A et al. Clin Virol. 2010, 48.

5. Batram et al. Burden of Herpes Zoster in Adult Patients with Underlying Conditions: Analysis of German Claims Data, 2007–2018. (2021).

6. Forbes HJ et al. Neurology. 2016 Jul 5;87(1):94-102. doi: 10.1212/WNL.0000000000002808. Epub 2016 Jun 10. PMID: 27287218; PMCID: PMC4932239.

7. Nadir, Yasemin, and Hüseyin Arslan. „Risk Factors for Postherpetic Neuralgia in Immunocompetent Patients.“ Southern Clinics of Istanbul Eurasia 34.3

8. Epi Bull 4/2024.

9. Diagnostik und Therapie des Zoster und der Postzosterneuralgie: https://register.awmf.org/assets/guidelines/013-023l_S2k_Diagnostik-Therapie-Zoster-Postzosterneuralgie_2020-09-abgelaufen.pdf, zuletzt am 25.07.2024.

10. https://www.dgho.de/publikationen/stellungnahmen/gute-aerztliche-praxis/herpes-zoster-impfung-nach-autologer-blutstammzelltransplantation/herpes-zoster-impfung-nach-auto-szt-2019-1.pdf, zuletzt am 25.07.2024.

11. S2K-LEITLINIE Management erwachsener Patientinnen und Patienten mit Bronchiektasen-Erkrankung, https://register.awmf.org/assets/guidelines/020-030l_S2k_Bronchiektasen_2024-06_1.pdf, zuletzt am 25.07.2024.

12. https://goldcopd.org/2024-gold-report/, zuletzt am 25.07.2024.

13. Aktualisierte S3-Leitlinie Colitis ulcerosa: https://register.awmf.org/assets/guidelines/021-009l_S3_Colitis-ulcerosa_2024-06.pdf, zuletzt am 25.07.2024.

14. Dr. med. Ioana Andreica, https://dgrh.de/Start/DGRh/Presse/Pressemitteilungen/Pressemitteilungen/2024/Pressemitteilung-Nr.-9-2024.html, zuletzt am 25.07.2024.

15. https://dgrh.de/dam/jcr:ba17f0f5-86cc-49ef-8418-1ffb659e7891/Kommissionen.pdf, zuletzt am 25.07.2024.

16. https://www.diabinfo.de/leben/diabetes-im-alltag/diabetes-und-infekte.html, zuletzt am 25.07.2024.

17. Jens Lingemann, https://www.copd-deutschland.de/images/patientenratgeber/patienten-broschueren/impfprophylaxe.pdf, zuletzt am 25.07.2024.

18. Marina Oppermann, https://www.daab.de/blog/2021/11/covid-impfung-bitte-boostern, zuletzt am 25.07.2024.

19. https://www.bundesverband-niere.de/wp-content/uploads/2020/08/Impfschutz_bei_chronischer_Nierenerkrankung_2019_final1.pdf, zuletzt am 25.07.2024.

20. Prof. Klaus Warnatz, Freiburg: https://www.rheuma-liga.de/aktuelles/detailansicht/impfungen-das-mues