Haarbehandlung

Nichtmedikamentöse Optionen Dr. A. Häckel bei Alopezie und Hypertrichose

Ab dem dritten Embryonalmonat werden – außer an Hand- und Fußsohlen sowie den Lippen – an der ganzen Körperoberfläche des Menschen Haarfollikel gebildet. Jeder einzelne folgt einem eigenen genetischen Programm, das steuert, wann, wo und auf welchen Reiz hin das Haar wachsen soll oder ausfällt.

Der hormonell bedingten Alopecia androgenetica als häufigste Form des Haarausfalls bei Männern wie auch bei Frauen liegt eine individuell unterschiedliche Empfindlichkeit der Haarwurzeln auf das männliche Sexualhormon Dihydrotestosteron im Blut zugrunde. Dessen Konzentration ist dabei nicht erhöht, sondern die Sensibilität der Haarfollikel entscheidet über die Verkümmerung der Haarwurzeln, betonte Professor Dr. Daisy Kopera vom Zentrum für Ästhetische Medizin der Universität Graz bei einer Sesson im Rahmen der virtuellen DDG-Tagung. Im Gegensatz zur Kopfhaut werden diese Follikel am Körper mit zunehmendem Alter eher zum Wachstum stimuliert und es kommt zur Hypertrichose.

Nichtmedikamentöse Behandlungsmöglichkeiten gegen Haarausfall sind künstliche Haarteile bzw. Toupets oder die Eigenhaartransplantation. Die früher praktizierte Implantation von Kunsthaar ist heute verboten, da diese Polyesterfäden als Fremdkörper zu granulomatösen Entzündungen mit Vernarbung auf der Kopfhaut führten und langfristig auch abge- stoßen werden. „Die beste Methode, um einem kahlen Kopf wieder zur Behaarung zu verhelfen, ist die autologe Transplantation von Haaren aus dem hinteren Bereich der Kopfhaut – wo das genetische Programm langlebiger ist – auf die vorderen kahlen Bereiche“, so die Expertin. Anstelle der früher praktizierten Transplantation kleiner Stanzbiopsien werden heute Haare einzeln transplantiert, was gut funktioniert, bei Kosten von ca. 10 € pro Haar allerdings nicht billig ist. Eine weitere Strategie sind Wachstumsbooster wie plättchenreiches Plasma (PRP) oder Softlaser. Während PRP in einer placebokontrollierten Studie [1] keine Wirkung zeigte, wurden Softlaser bislang nur additiv zu Minoxidil oder Finasterid evaluiert, so Kopera.

Zu den Formen des unerwünschten Haarwachstums zählen etwa die seltene, X-chromosomal vererbte Hypertrichosis lanuginosa, die den ganzen Körper erfasst, sowie deren paraneoplastisch auftretende erworbene Form. Von der häufigsten Form der Hypertrichose, dem Hirsutismus, sind bei einer Inzidenz von 5-10% in der Bevölkerung Millionen von Frauen betroffen. Er ist ein Indikator für Hyperandrogenismus – oft trotz normaler Androgenspiegel – und wird in neun von zehn Fällen durch das polyzystische Ovarialsyndrom (PCOS) verursacht.

Neben einer Vielzahl herkömmlicher Epilationstechniken, die zum Teil auf die Antike zurückgehen, gelten heute gezielte Laser- oder Lichtexposition als wirksamste Verfahren. Ein kohärenter 800-nm-Laserstrahl wird von den pigmentierten Anagenfollikeln absorbiert und diese durch die entstehende Hitze koaguliert. Durch Einstellung von Impulsdauer und Energie sowie Oberflächenkühlung der Epidermis wird das umgebende Gewebe geschont, doch kommt es während der Behandlung zu einem brennenden Schmerz und danach manchmal zu einem mehrere Stunden anhaltenden Erythem. Nach 2-3 Behandlungen binnen 4-6-Wochen kommt es zu einer nachhaltigen, aber transienten Haarreduktion über ca. acht bis zwölf Monate. Die regenerierten Haarfollikel bilden dünnere Haare, was oft weitere Behandlungen erfordert.

Alternative sind nicht-koherente Blitzlicht-Impulse (IPL) im 500- 1.000 nm-Bereich, die etwas weniger schmerzhaft sind, aber wegen höherer Bandbreite und geringerer Selektivität bei schlechter Technik das Risiko von Vernarbungen oder Fehlpigmentierung bergen können. Entsprechende Heimgeräte reduzieren bei regelmäßiger Anwendung den Haarwuchs im Zielbereich gut, nach Absetzen wachsen diese jedoch vollständig nach.

Quelle: Session 28 „Haare und Nägel“ bei der virtuellen 51. DDG-Tagung, 17. April 2021

Literatur

1. Gressenberger et al., Acta Derm Venerol 2020; 100:adv00247