Rheumatoide Arthritis

Status Quo in der Behandlung der rheumatoiden Arthritis

Studienergebnisse

Ein Symposium im Rahmen des 51. Deutschen Rheumatologiekongresses in Leipzig bot eine detaillierte Übersicht über den aktuellen Forschungsstand in der Behandlung von rheumatoider Arthritis inkl. diverser aktueller Studien. Es referierte hierzu Dr. med. Philipp Klemm, Oberarzt an der Kerckhoff Klinik in Bad Nauheim.

Die rheumatoide Arthritis (RA) werde über definierte Klassifikationskriterien und nicht über Diagnosekriterien bestimmt, die sich mit einer gewissen Zielpopulation befassen. Bei der Zielpopulation ist vor der Klassifikation einer RA maßgeblich, ob mindestens ein Gelenk mit klinischer Synovitis vorliege und ob diese Gelenkschleimhautentzündung nicht durch andere Krankheiten begründet werden könne. Die Klassifikationskriterien sorgen zudem für eine Homogenität der Daten, die über Studien zur Behandlung der vorliegenden RA gesammelt werden. Zu Beginn der Behandlung erstelle man nach den ACR-EULAR-Klassifikationskriterien nach 2010 eine Übersicht zur RA, indem man die betroffenen Gelenke aufnehme (Kategorie A), die Serologie bestimme (Kategorie B), Reaktanden der akuten Phase untersuche (Kategorie C) und die Dauer der Symptome festhalte (Kategorie D). Anschließend solle man die auffälligen Aspekte mit einer Liste abgleichen, mithilfe derer ein Score erzielt werden könne, der Aufschluss über die Wahrscheinlichkeit einer vorliegenden RA gebe, da alle addierten Scores ≥ 6 definitiv für das Vorliegen einer RA sprechen (vgl. Abb. 1). Das allem vorangestellte Ziel sei nämlich stets, die RA frühestmöglich zu diagnostizieren, um eine bessere Erfolgschance in ihrer Behandlung zu haben. Die Vorstufen der RA seien generell auf die genetische Disposition sowie Umweltfaktoren zurückzuführen und treten erst nach der Einmischung eines Triggers auf. Daraufhin erfolge eine Einstellung der lokalen oder systemischen Autoimmunität, auf die eine unklassifizierte Arthralgie folge und anschließend eine inflammatorische RA resultiere.

Im Verlauf des Symposiums wurde auf diverse Studien zur medikamentösen Arthrosebehandlung eingegangen, beginnend mit der STAPRA Studie (STAtins to Prevent Rheumatoid Arthritis) von 2021. Dabei wurde untersucht, ob der Wirkstoff Atorvastatin über drei Jahre die Entwicklung einer RA bei Proband*innen aufhalten kann. Diese multizentrische, doppelblinde, randomisierte und placebokontrollierte Studie beruht auf dem TARA-Trial, bei dem beobachtet wurde, dass Atorvastatin den csDMARD Effekt verstärkt. Leider gelang es jedoch nicht, genügend Proband*innen (62 von 220) zu rekrutieren, weshalb die Studie frühzeitig terminiert werden musste. [1,2]

Die StopRA-Studie (Strategy for the Prevention of Onset of Clinically Apparent RA) befasste sich mit der Fragestellung, ob eine einjährige Hydroxychloroquin-Therapie die Entwicklung einer RA über drei Jahre aufhält. Diese ebenfalls multizentrische, doppelblinde, randomisierte und placebokontrollierte Studie schloss 144 Proband*innen mit Arthralgien und positiven Bildgebungen ein. Leider musste auch diese Studie abgebrochen werden, da sich in einem Zwischenergebnis herausstellte, dass das HCQ-Präparat die gewünschten Ziele nicht erreichte. [3]

Die nächste vorgestellte Studie TREAT EARLIER (TREAT Early Arthralgia to Reverse or Limit Impending Exacerbation to Rheumatoid Arthritis) hatte zum Ziel herauszufinden, ob eine einjährige MTX-Therapie die Entwicklung einer klinischen Arthritis oder einer RA über einen Zeitraum von zwei Jahren aufhält. Dabei wurde die multizentrische, doppelblinde, randomisierte und placebokontrollierte Studie mit insgesamt 236 Proband*innen unter Einbezug der CSA sowie subklinischer Entzündung im MRT (Hand und Fuß) durchgeführt. Die ernüchternden Ergebnisse zeigten, dass eine einjährige MTX-Gabe nicht dazu führte, der Entstehung einer Arthritis vorzubeugen. Auch wenn die Studie dadurch scheiterte, so führe eine MTX-Verabreichung dennoch zu einer Reduzierung des Schmerzempfindens, einer Verringerung der Morgensteifheit sowie einer Verbesserung der Funktionalität und Beweglichkeit. [4]

Abb. 1: Die ACR-EULAR-Klassifikationskriterien 2010 für rheumatoide Arthritis. Die Ergebnisse von A–D werden addiert. Ab 6 Punkten liegt eine definitive rheumatoide Arthritis vor.

In der PAIRI-Studie (Prevention of Clinically Manifest Rheumatoid Arthritis by B-Cell Directed Therapy in the Earliest Phase of the Disease) wurde einmalig Rituximab (1.000 mg) verabreicht und anschließend die Entwicklung der RA über einen Zeitraum von zwei Jahren beobachtet. Hierbei handelte es sich ebenfalls um ein multizentrische, doppelblinde, randomisierte und placebokontrollierte Studie, bei der Proband*innen ausgewählt wurden, die Arthralgien, sowie CRP-Werte von über 0,6 mg/ml und positive MRT/Ultraschall-Befunde hatten. Die Resultate zeigten einen deutlichen Erfolg bei den Patient*innen, die das Medikament erhielten. Leider schien die Wirkung in der Nachbeobachtung nach 29 Monaten nicht weiter zu bestehen, sodass eine erneute Verabreichung erforderlich wäre, um langfristigere Erfolge zu erzielen. Die Patient*innen, die Rituximab erhielten und bei denen keine RA vorlag, zeigten häufiger unerwünschte Nebenwirkungen (adverse events). [5]

Die nächste Studie, deren Ergebnisse dargestellt wurden, war die APIPPRA-Stude (Arthritis Prevention in the Pre-Clinical Phase of RA with Abatacept). Bei dieser Studie wurde untersucht, ob für ein Jahr verabreichtes Abatacept die Entstehung einer RA über einen Zeitraum von zwei Jahren aufhalten würde. Dazu wurden in einer ebenfalls multizentrischen, doppelblinden, randomisierten und placebokontrollierten Studie insgesamt 213 Proband*innen untersucht, die mehrheitlich weiblich waren und eine Auffälligkeit im Ultraschall – wie bspw. eine subklinische Synovitis – zeigten. Generell fiel den Autor*innen auf, dass eine Medikamentenverabreichung dazu führte, dass die Entzündungen signifikant reduziert wurden. Nach 52 Wochen zeigten die Ergebnisse der Interventionsgruppe eine RA in 6% der Fälle, wohingegen die RA-Häufigkeit bei der Kontrollgruppe bei 29% lag. Nach einem weiteren Jahr, d.h. insgesamt 104 Wochen, stieg die RA-Häufigkeit der Interventionsgruppe auf 27% an, was belegte, dass sich das Medikament über einen Zeitraum von zwei Jahren abbaut.

Eine weitere Abatacept-Studie von deutschen Wissenschaftler*innen, die den Namen ARIAA (Abatcept Reversing Subclinical Inflammation by MRI in ACPA Positive Arthalgia) trägt, befasste sich intensiv mit der Frage, ob eine 6-monatige Abatacept-Therapie eine Auswirkung auf subklinische Inflammation besitze und ob sie die Entstehung einer RA über 18 Monate aufhalte. Tatsächlich stellte sich heraus, dass das sich unter Abatacept ein verbessertes MRT-Bild der Inflammation zeigte. Sowohl nach sechs als auch nach 18 Monaten konnte ein niedrigeres RA-Auftreten bei der Interventionsgruppe im Vergleich zur Kontrollgruppe festgestellt werden.

Bei den vorangestellten Studien handelte es sich um „BidiMap“- assoziierte Studien. Im nächsten Teil der Präsentation wurde auf ältere Studien wie bspw. die SAVE-Studie (Stop Arthritis Very Early) eingegangen. Hier wurde untersucht, ob eine einmalige Glucocorticoid-Behandlung mittels 120 mg Methylprednisolon bei Patient*innen mit sehr früher undifferenzierter Arthritis wirke. Leider zeigten die Ergebnisse, dass die Glucocorticoide bei dieser Behandlung nicht wirksam sind. [6]

Die daran anschließende Studie STIVEA (Intramuscular Glucocorticoid Injections in Patients with Very Early Inflammatory Polyarthritis) befasste sich mit der Fragestellung, ob eine dreiwöchige Glucocorticoid-Therapie die Entwicklung zur RA und die Nutzung von DMARDs aufhalten würde. Leider stellte sich auch hier heraus, dass das verwendete Methylprednisolon keinen langfristigen Effekt erzielte. [7]

Bei der PROMPT-Studie (PRObable Rheumatoid arthritis: Methotrexate versus Placebo Treatment) wurde untersucht, ob eine 12-monatige MTX-Therapie bei Patient*innen mit undifferenzierter Arthritis die Entwicklung in eine RA über 30 Monate aufhalte. Zwar wurde das Studienziel erreicht, jedoch liegen ebenso auch Daten nach fünf Jahren vor, die zeigen, dass eine Absetzung des Medikaments auch eine RA-Verschlechterung mit sich bringt. [8]

Fazit

Zusammenfassend stellte Klemm heraus, dass großes Interesse darin bestehe, präventiv zu handeln und Medikamente zu entwickeln, die der RA vorbeugen. Dies sei jedoch schwierig, da die Krankheit oftmals schon zu weit fortgeschritten sei oder weil die Langzeiteffekte in den allermeisten Fällen zu wünschen übrig lassen. Auch zu betonen sei die Schwierigkeit einer qualitativ adäquaten lokalen Untersuchung der Gelenke. Zudem bilden nicht alle Hoch-Risiko-Patient*innen eine RA aus; rund 30% der Patient*innen bilden innerhalb von zwei Jahren keine RA aus und bei dieser Gruppe solle man dementsprechend bestenfalls auch keine Medikament verabreichen. Bevor eine Diagnose erstellt werde, sollen jegliche notwendige Tests und Untersuchungen zur diagnostischen Sicherheit durchgeführt werden, um eine fehlerhafte Behandlung zu vermeiden.

Quelle: Symposium „Kompakt: die Prä-RA: Bekanntes und neue Studien zu sehr frühen Stadien“ im Rahmen des 51. Deutschen Rheumatologiekongresses, 1. September 2023, Leipzig

Literatur

1. van Boheemen L et al. Atorvastatin is unlikely to prevent rheumatoid arthritis in high risk individuals: results from the prematurely stopped STAtins to Prevent Rheumatoid Arthritis (STAPRA) trial. RMD Open. 2021 Mar;7(1):e001591. doi: 10.1136/rmdopen-2021-001591 PMID: 33685928; PMCID: PMC7942258.

2. McCarey DW et al. Trial of Atorvastatin in Rheumatoid Arthritis (TARA): double-blind, randomised placebo-controlled trial. Lancet. 2004 Jun 19;363(9426):2015-21. doi: 10.1016/S0140-6736(04)16449-0. PMID: 15207950.

3. Haville S, Deane KD. Pre-RA: Can early diagnosis lead to prevention? Best Pract Res Clin Rheumatol. 2022 Mar;36(1):101737. doi: 10.1016/j.berh.2021.101737

4. Krijbolder DI et al. Intervention with methotrexate in patients with arthralgia at risk of rheumatoid arthritis to reduce the development of persistent arthritis and its disease burden (TREAT EARLIER): a randomised, double-blind, placebo-controlled, proof-of-concept trial. Lancet. 2022 Jul 23;400(10348):283-294. doi: 10.1016/S0140-6736(22)01193-X. PMID: 35871815

5. Gerlag DM et al. Effects of B-cell directed therapy on the preclinical stage of rheumatoid arthritis: the PRAIRI study. Ann Rheum Dis. 2019 Feb;78(2):179-185. doi: 10.1136/annrheumdis-2017-212763. Epub 2018 Dec 1. PMID: 30504445; PMCID: PMC6352407.

6. Machold KP et al. The Stop Arthritis Very Early (SAVE) trial, an international multicentre, randomised, double-blind, placebo-controlled trial on glucocorticoids in very early arthritis. Ann Rheum Dis. 2010 Mar;69(3):495-502. doi: 10.1136/ard.2009.122473. Erratum in: Ann Rheum Dis. 2011 Aug;70(8):1519. PMID: 20223838.

7. Verstappen SM et al. Utrecht Rheumatoid Arthritis Cohort Study Group. Adverse events and factors associated with toxicity in patients with early rheumatoid arthritis treated with methotrexate tight control therapy: the CAMERA study. Ann Rheum Dis. 2010 Jun;69(6):1044-8. doi: 10.1136/ard.2008.106617. Epub 2009 Jul 5. PMID: 19581281.

8. Van Dongen H et al. Efficacy of methotrexate treatment in patients with probable rheumatoid arthritis: a double-blind, randomized, placebo-controlled trial Arthritis Rheum 2007 May; 56(5):1424-32. doi: 10.1002/art.22525.