Aktinische Keratose

Anzahl der AK-Läsionen beeinflusst Clearance-Raten und lokale Hautreaktionen

Dr. Ch. Willen

Bei einem Symposium im Rahmen der diesjährigen DERM-Fachtagung betonte Prof. Dr. Eggert Stockfleth, Direktor der Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie am Universitätsklinikum Bochum, dass die Anzahl der AK-Läsionen zu Therapiebeginn die Clearance-Raten wie auch die Schwere von lokalen Hautreaktionen beeinflussen kann.

Da die sichtbaren aktinischen Keratosen (AK) keine verlässliche Aussage darüber liefern, wie viele AK insgesamt vorhanden sind, sollte dieser Umstand bei der Wahl der Therapie berücksichtigt werden. So ermöglichen es feldgerichtete Ansätze, alle entarteten Keratinozyten unterschiedlicher Ausprägung zu adressieren, einschließlich subklinischer Läsionen, so Prof. Stockfleth. Da alle Läsionen potenziell zu einem invasiven Plattenepithelkarzinom (iSCC) entarten können, ist eine konsequente Behandlung von entscheidender Bedeutung. Daher sollte in der Sprechstunde den AK-Patient*innen das Konzept der Feldkanzerisierung und die Notwendigkeit einer Flächentherapie für multiple AK erläutert werden. Die AK gilt zudem als chronische Erkrankung, die im Laufe der Zeit ggf. wiederholt behandelt werden muss. Dahingehend sollte auch die Compliance der Patient*innen gestärkt werden, so Prof. Stockfleth.

In klinischen Studien zu AK werden als wichtigste Endpunkte zur Beurteilung der kurz- und langfristigen Wirksamkeit zumeist die vollständige Clearance- und Rezidivrate herangezogen, die aus der Sicht des Experten jedoch eher kritisch zu bewerten sind. Die vollständige Clearance hängt stark von der Anzahl der AK zu Baseline ab, gab Prof. Stockfleth zu bedenken. Daher scheint die bisherige Standardmethodik keine valide Aussagekraft zu besitzen. Als neue Ansätze kommen die prozentuale Verringerung oder die absolute Anzahl aktinischer Keratosen in Frage. [1]

Der Experte verdeutlichte die bisherigen Einschränkungen zur Bewertung der Effektivität von feldgerichteten AK-Therapien am Beispiel einer Metaanalyse von mehreren randomisierten kontrollierten Studien (RCTs). [2] Diese untersuchten das Therapieergebnis bei Patienten mit AK nach Anwendung von 5-Fluorouracil-Formulierungen (5-FU) allein oder mit 10% Salicylsäurelösung. Es wurden fünf RCTs zur Beurteilung von 5-FU (4%, 5% oder 0,5% mit 10% Salicylsäurelösung) mit insgesamt 1.080 AK-Patient*innen ausgewertet. Die mittlere Läsionszahl zu Studienbeginn lag zwischen 8,1 und 21,2 Läsionen pro Patient*in. [2] Die Auswertung ergab, dass die vollständige Clearance-Rate negativ mit der Anzahl der Läsionen zu Studienbeginn korreliert. Die Korrelation zwischen der mittleren Anzahl der Läsionen zu Studienbeginn und der vollständigen Clearance-Rate war stark (r2=0,94) und statistisch signifikant (p<0,001), betonte Prof. Stockfleth.

Diese Analyse verdeutlichte, dass die vollständige Clearance, die mit 5-FU-Interventionen erzielt werden kann, von der Anzahl der AK-Läsionen zu Studienbeginn abhängt. Diese Ergebnisse unterstreichen die begrenzte Aussagekraft bisheriger Studienendpunkte, so das Fazit von Prof. Stockfleth.

Korreliert Anzahl der AK-Läsionen mit lokalen Hautreaktionen?

Ob das Ausmaß von lokalen Hautreaktionen während der Behandlung mit 5-Fluorouracil mit der Anzahl der AK-Läsionen zu Studienbeginn zusammenhängt, untersuchte Prof. Stockfleth am Beispiel der 5-Fluorouracil 4% Creme. In einer Post-hoc-Analyse wurden die Daten aus zwei multizentrischen randomisierten Phase-III-Studien (HD- FUP3B-048, HD-FUP3B-049) bei AK-Patient*innen zusammengefasst, die 4 Wochen lang mit topischem 5-Fluorouracil 4% 1x täglich (OD) oder 5% 2x täglich (BID) behandelt wurden. Zum einen wurde der Schweregrad der lokalen Hautreaktionen zwischen 5-FU 4% und 5% verglichen. Eine zweite Fragestellung war, ob es einen Zusammenhang gibt, zwischen der Anzahl der Läsionen zu Studienbeginn und der Schwere der Hautreaktionen während der Behandlung mit 5-FU 4% OD. [3]

Es wurden die Sicherheitsdaten von 397 AK-Patient*innen unter 5-FU 4% OD und 342 AK-Patient*innen unter 5-FU 5% BID ausgewertet. In der Kohorte unter 5-FU 5% BID wurden dabei häufiger schwere lokale Haut- reaktionen verzeichnet als unter Behandlung mit 5-FU 4% Creme OD (Tolak®) (p<0,05).

Abb. 1:
Kumulative Wahrscheinlichkeit, 12 Monate nach der Behandlung frei von Rezidiven zu bleiben, unter 5-FU vs. Imiquimod, MAL-PDT und Ingenolmebutat.

Häufiger schwere Reaktionen ab einem Schwellenwert von 10 Läsionen

Bei 5-FU 4% OD war die Inzidenz eines schweren Erythems bei Patient*innen mit mindestens 10 Läsionen (46%) signifikant höher als bei Patient*innen mit 5–10 Läsionen (28%; p<0,001). Ähnliche Ergebnisse wurden für andere lokale Hautreaktionen wie zum Beispiel schweren Pruritus (4% OD: 19% vs. 7%, p<0,001) beobachtet.

Die Anzahl der AK-Läsionen zu Studienbeginn scheint somit einen prädiktiven Wert in Bezug auf die Schwere der lokalen Hautreaktionen zu haben, die während der Behand- lung auftreten, so das Fazit von Prof. Stockfleth. Dieses Wissen kann bei der Beratung von AK-Patient*innen mit mehr als 10 Läsionen nützlich sein, weil potenziell höhergradige lokale Hautreaktionen auftreten können. [3]

Effektivität von vier feldgerichteten Behandlungsoptionen im Vergleich

Zur Frage der Effektivität von vier häufig verwendeten feldgerichteten Behandlungsoptionen bei AK- Patient*innen mit einer klinischen Diagnose von fünf oder mehr AK am Kopf auf einer zusammenhängenden Fläche von 25–100 cm2 stellte Prof. Stockfleth die Ergebnisse einer vergleichenden Studie vor. [4] Die Patient*innen (n=624) erhielten randomisiert eine Behandlung mit 5% Fluorouracil-Creme, 5% Imiquimod-Creme, Photodynamische Therapie mit Methylaminolävulinat (MAL-PDT) oder 0,015% Ingenolmebutat-Gel. Der primäre Studienendpunkt war der Anteil der Patient*innen mit einer AK-Reduktion um 75% oder mehr im Vergleich zur Baseline bis Monat 12 nach dem Ende der Behandlung. 12 Monate nach Ende der Behandlung war die kumulative Wahrscheinlichkeit, frei von Rezidiven zu bleiben, bei Patient*innen, die Fluorouracil erhalten hatten (74,7%; 95%-Konfidenzintervall [KI] 66,8–81,0), signifikant höher als bei Patient*innen, die mit Imiquimod, MAL-PDT oder Ingenolmebutat behandelt worden waren (vgl. Abb. 1). [4] 12 Monate nach dem Ende der AK-Behandlung war 5% Fluorouracil-Creme somit die effektivste von vier feldgerichteten Behandlungsoptionen im Kopfbereich, fasste Prof. Stockfleth zusammen.

Einsatzmöglichkeiten von 5-FU 4% Creme

5-FU 4% Creme ist indiziert für die topische Behandlung von aktinischer Keratose (Olsen Grad I und II) an Gesicht, Ohren und/oder Kopfhaut bei Erwachsenen. Die Basis für die Zulassung bildeten die Phase-III-Studien HD-FUP3B-048 und HD-FUP3B-049. In diesen beiden Studien zeigte 5-FU 4% Creme OD ähnliche Raten vollständiger (54,4% vs. 57,9%) und partieller Clearance von AK-Läsionen (80,5% vs. 80,2%) wie die ursprüngliche Formulierung von 5-FU 5% Creme BID. [5]

Quelle: Symposium “Aktinische Keratose – Tägliche Praxis und Fallbeispiele“ im Rahmen der DERM-Fachtagung, 01. Juli 2022, Frankenthal; Veranstalter: Pierre Fabre

Literatur

1. Skov T, Stockfleth E, Szeimies RM, Berman B. Dermatol Ther (Heidelb). 2018;8(3):425- 433.
2. Ezzedine K, Painchault C, Brignone M. J Mark Access Health Policy. 2020;8(1):1829884.
3. Stockfleth, E., Bégeault, N. & Delarue, A. Dermatol Ther (Heidelb) 12, 467–479 (2022).
4. Jansen MHE, Kessels JPHM, Nelemans PJ, etal. N Engl J Med. 2019;380(10):935-946.
5. Dohil MA. J Drugs Dermatol. 2016; 15(10): 1218–24..