Aktinische Keratose

Neue Kurzzeit-Strategie in der Behandlung von aktinischen Keratosen

Aktinische Keratosen (AK) können in ein invasives Plattenepithelkarzinom übergehen und sollten daher unbedingt behandelt werden. Bei der Auswahl aus den verfügbaren Therapieoptionen sind eine gute Wirksamkeit und geringe Nebenwirkungen wesentliche Kriterien. Ein neuartiges Therapieprinzip, der Tubulin-Polymerisationshemmer Tirbanibulin, welcher eine hohe Wirksamkeit bei gleichzeitig guter Verträglichkeit und einer kurzen Anwendungsdauer von nur 5 Tagen bietet, steht Ärzten und Patienten ab sofort zur Verfügung.

Den derzeitigen Stand des AK- Managements erläuterte Privatdozent Dr. med. Lutz Schmitz, Bonn, bei einem Symposium im Rahmen der diesjährigen DERM. Nach einem aktuellen Expertenkonsens [1] steht damit fest, dass AK in ein invasives Plattenepithelkarzinom übergehen können und als prädiktiver Marker hierfür genutzt werden können. So haben nach einer niederländischen Studie Männer fünf Jahre nach Erstdiagnose einer AK ein Risiko für ein kutanes Plattenepithelkarzinom (cSCC) von 11,7 %, Frauen immerhin noch von 6,9 %. Lag bereits ein cSCC in situ vor, war das Risiko eines invasiven cSCC im Folgejahr bereits um 16 % erhöht. „Daher lohnt sich auf jeden Fall der Blick auf die Therapie unserer Patienten“, betonte Schmitz.

Die Frage, welche AK sich zu einem SCC entwickeln, lässt sich nach derzeitigem Wissensstand jedoch noch nicht beantworten. Auch das Ausmaß der Hyperkeratose erlaubt bislang keinen Rückschluss auf den Dysplasiegrad der Läsionen. Bei etwa einem Drittel aller klinisch schwer dysplastischen und hyperkeratotischen AK finden sich histologisch zu einem Drittel kaum Auffälligkeiten, umgekehrt können klinisch harmlose AK histologisch völlig dysplastisch sein.

Abb. 1: Raten der vollständigen (100%igen) Clearance an Tag 57 nach der Behandlung (ITT-Population).

Eine eigene Untersuchung von Schmitz bzgl. des Einflusses der basalen Proliferation der AK auf das Entartungsrisiko [2] ergab, dass offensichtlich vor allem eine starke basale Proliferation im Randbereich der AK hierfür prädestiniert, wohingegen die klinische Einteilung wohl weniger relevant ist. Bestätigt wird dies durch weitere aktuelle Befunde [3], wonach ein Großteil der für ein ccSCC prädisponierenden AK nicht hyperkeratotisch sind. Nach Ansicht von Schmitz sollte das Augenmerk insbesondere auf therapierefraktäre AK gerichtet werden. Solche wiesen zu über 90 % mindestens eines der folgenden drei Kriterien auf: a) Schmerzhaftigkeit, b) ein ausgeprägtes basales Wachstumsmuster und c) eine Akantholyse [4]. Insbesondere die Zunahme der Schmerzhaftigkeit der Läsionen korreliert offenbar mit der Progression zu einem invasiven SCC [5]. Schmitz hält es daher für wichtig, therapieresistente AK keineswegs zu belassen, sondern sie entweder zu exstirpieren oder erneut zu behandeln.

Nachteil bisheriger läsionsgerichteter und feldgerichteter Therapieansätze sind jedoch häufige und teils irreversible lokale Hautreaktionen sowie teils langwierige und belastende Therapieschemata. Im Hinblick auf die Adhärenz einer Therapie sollte daher ein wesentlicher Wunsch der Patienten berücksichtigt werden, d.h. eine möglichst kurze, gut verträgliche Therapie. Erfreulicherweise gibt es hier sehr positive therapeutische Entwicklungen, so Schmitz.

So ist nach mehreren positiven Befunden seit März dieses Jahres neben der Rotlicht-PDT auch die Tageslicht-PDT mit künstlichem Tageslicht (MAL-PDT) als Variante offiziell zur AK-Behandlung zugelassen. Ihr großer Vorteil besteht für Schmitz darin, dass diese gut reproduzierbare Option wegen fast völliger Schmerzfreiheit gut akzeptiert wird und zwar eine Tageslichtlampe erfordert, aber keine UV-Strahlung einsetzt. Hinzu kommt, dass bei Feldkanzerisierung eine möglichst kurze Behandlung, wie sie bei den PDT-Varianten mit maximal einem Tag gegeben ist, eine hohe Akzeptanz bei Patienten findet.

Einen komplett innovativen Wirkmechanismus mit ebenfalls kurzer Therapiedauer bietet nun auch die bereits zugelassene topische Behandlung mit dem Tubulin-Polymerisationshemmer Tirbanibulin (Klisyri®). Er bindet irreversibel an Tubulin und unterbricht den Zellzyklus, indem er die Ausbildung der Mitosespindeln blockiert. Dies führt zur Unterbrechung des Zellzyklus und treibt besonders schnell proliferierende Hautzellen in den programmierten Zelltod, die Apoptose. Dieser Mechanismus wurde unter anderem bei immortalisierten humanen Keratinozyten nachgewiesen. Ein weiterer Vorteil dieses Prinzips im Vergleich zu anderen topischen Therapien besteht darin, dass aufgrund von Apoptose statt Nekrose eine geringere Zytokinfreisetzung und weniger Entzündungsreaktionen resultieren.

Zwei identische doppelblinde randomisierte Phase-III-Studien [6] ergaben bei Erwachsenen mit AK im Gesicht oder auf der Kopfhaut für Tirbanibulin 1 % Salbe nach einmal täglichem Auftragen des Verumpräparats an 5 aufeinanderfolgenden Tagen im Vergleich zu reinem Vehikel als Kontrolle einen deutlichen und hochsignifikanten Vorteil hinsichtlich der kompletten Abheilung aller Läsionen im Anwendungsareal nach 57 Tagen als primärem Zielparameter. Dieser wurde in einer Studie (n=351) unter Verum von 44 % (p<0,0001), in der Kontrollgruppe jedoch nur von 5 % erreicht, in einer zweiten Studie (n=351) war der Vorteil für Tirbanibulin mit 54 % versus 13 % (p<0,0001) ähnlich stark ausgeprägt. Die Vorteile waren zudem unabhängig von dem behandelten Areal (Gesicht oder Kopfhaut), Alter, Läsionsanzahl oder Hauttyp der Teilnehmer. Hervorzuheben ist, so Schmitz, dass insbesondere die Rate lokaler Nebenwirkungen wie lokale Hautreaktionen sehr gering und gut tolerierbar war.

In der Summe zeigen diese Resultate nach seiner Auffassung eine gut tolerierbare und verträgliche topische Therapie über einen Anwendungszeitraum von nur fünf Tagen. Damit bietet sie Vorteile im Vergleich zu anderen feldgerichteten topischen Therapieformen. Ebenfalls neu im Spektrum der AK-Therapien, aber zeitlich deutlich aufwendiger, ist die Behandlung mit fünfprozentigem Kaliumhydroxid (KOH), einem Medizinprodukt. Eine definitive Einschätzung dieser Option steht, so der Bonner Dermatologe, allerdings noch aus.

Quelle: Vortrag „Aktinische Keratosen in der Praxis – Update 2021“ beim Onkoderm-Symposium im Rahmen der DERM 2021, 10. September 2021

Mit freundlicher Unterstützung der Almirall Hermal GmbH

Literatur

1. Del Rosso et al., JDD 2021
2. Schmitz et al., BJD 2018
3. Heerford et al., J Clin Pathol 2021
4. Schmitz et al., G Ital Venereol 2021
5. Pyne et al., CED 2020
6. Blauvelt, Kempers, Lain et al., N Engl J Med 2021; 384:512-520