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Die Haut gesund essen?

Die Wirkung der Ernährung auf die eigene Hautgesundheit

„Du bist, was du isst!“ – wie viel Wahrheit steckt in diesen Worten? Im Interview erklärt Prof. Dr. Michaela Axt-Gadermann, Hautfachärztin, Professorin für Gesundheitsförderung und Bestseller-Autorin von “Schön mit Darm“, wie man die Hautgesundheit und ein strahlendes Aussehen durch gesunde Ernährung und einen gesunden Darm unterstützen kann.

Frau Dr. Axt-Gadermann, die wichtigste Frage zuerst: Kann ich meine Haut “gesund essen“? Und wie wirkt sich die Ernährung generell auf meine Haut aus?

Dr. Axt-Gadermann:

Eine ausgewogene Ernährung versorgt unseren Körper und damit auch die Haut mit wichtigen Nährstoffen. Vitamine, Spurenelemente und sekundäre Pflanzenstoffe haben ein großes Potential, die Haut von innen vor Schäden zu schützen und lange glatt und geschmeidig zu erhalten. Auch bei Hautkrankheiten hat eine Ernährungsumstellung häufig einen günstigen Einfluss auf das Hautbild.

Was schmeckt der Haut besonders? Welche Lebensmittel bzw. Inhaltsstoffe wirken sich positiv auf die Hautgesundheit aus?

Dr. Axt-Gadermann:

Entzündungen, freie Radikale und ein zu hoher Zuckerspiegel können die Hautalterung beschleunigen und Hauterkrankungen wie z.B. Akne verschlechtern. Mit der Ernährung können wir diesen Faktoren entgegenwirken. Entzündungshemmend wirken z.B. Omega-3-Fettsäuren, aber auch Kräuter und Gewürze wie z.B. Ingwer und Kurkuma. Eine entscheidende Rolle spielen Antioxidantien. Sie schützen unsere Zellen vor Schädigungen durch freie Radikale, die täglich durch äußere Einflüsse oder in unserem Stoffwechsel entstehen. Antioxidantien findet man z.B. in intensiv gefärbten Obst- und Gemüsesorten, Beeren und dunklen Säfte. Zucker sollten wir deutlich reduzieren, täglich nur drei Mahlzeiten zu uns nehmen und auf Snacks und Zwischenmahlzeiten verzichten – dadurch kann der Blutzuckerspiegel zwischen den Mahlzeiten wieder auf Normalwerte absinken.

Auf welche Lebensmittel sollte ich besser verzichten?

Dr. Axt-Gadermann:

Verzichten würde ich nicht sagen, sondern reduzieren. Eine gesunde Ernährung sollte am besten lebenslang durchgehalten werden, weshalb Essen keine Strafe, sondern Genuss sein sollte. Wer sich ausgewogen ernährt, darf auch mal was Süßes essen oder eine Bratwurst genießen.

Prinzipiell sollte der Zuckerkonsum deutlich reduziert werden, denn ein hoher Blutzuckerspiegel beschleunigt die Alterung von Haut und Körper. Auch Fast-Food und Fertiggerichte sollten auf ein Minimum reduziert werden, denn sie enthalten meistens nicht nur zu viel Fett, Salz und Kohlenhydrate, sondern auch Konservierungsstoffe, Emulgatoren und Süßstoffe, die unsere Darmflora nachhaltig schädigen können. Die Grundlage unserer Ernährung sollte aus Gemüse, Obst, Nüssen, Hülsenfrüchten, Vollkorngetreide und Fisch bestehen. Auch mageres Fleisch ist als Eiweißquelle gut – aber nicht jeden Tag. In einen solchen Ernährungsplan passen auch Genussmittel wie Kaffee (am besten schwarz, liefert Antioxidantien, ist gut für Darm und Leber), dunkle Schokolade (gerne jeden Tag ein paar Stücke – schützt die Haut und den Körper u.a. vor Schäden durch freie Radikale), ab und zu ein Glas Rotwein (wichtig: ein kleines Glas und wirklich nur “ab und zu“, liefert Antioxidantien und schützt die Gefäße) oder auch mal (ab und zu) ein Bier, am besten alkoholfrei (dann ruhig auch öfter, wenn man keine Gewichtsprobleme hat).

Wie wichtig ist ausreichendes Trinken für meine Haut?

Dr. Axt-Gadermann:

Die Haut benötigt Feuchtigkeit, um zu strahlen. 2 Liter Flüssigkeit täglich (Wasser, Tee, verdünnte Säfte) sind deshalb nötig, damit sich die Haut entfalten kann. Studien haben gezeigt, dass bereits zehn Minuten nach dem Trinken eines halben Liters Wasser die Mikrozirkulation, also die Durchblutung der kleinen Gefäße in der Haut, nachweisbar ansteigt und sich die Sauerstoffversorgung der Haut verbessert. [1] Und das erzeugt einen messbaren Jungbrunneneffekt. Diese “Hautglättung“ hält auch für einige Stunden an. Allerdings lässt sich der Effekt nicht weiter steigern, wenn man z.B. anstatt zwei Liter Flüssigkeit drei aufnehmen würde.

Gelten diese Tipps für alle Hautzustände?

Dr. Axt-Gadermann:

Im Prinzip ja, denn ganz gleich, ob ich sensible, trockene oder eher seborrhoische (fettigere) Haut habe – eine gute Versorgung mit Schutz- und Nährstoffen ist für jeden Hauttyp wichtig und die Grundlage für ein gesundes und strahlendes Äußeres.

Gibt es spezielle Hautprobleme (z.B. Akne, Neurodermitis), die man ganz gezielt durch die Ernährung (positiv) beeinflussen kann? Und wenn ja: wie?

Dr. Axt-Gadermann:

Die Ernährung spielt bei zahlreichen Hauterkrankungen eine Rolle, wird aber oft nicht ausreichend beachtet. Studien haben gezeigt, dass bei regelmäßigem Verzehr von Nahrungsmitteln mit einem hohen glykämischen Index (Zucker, Weißmehlprodukte, Kuchen, Süßigkeiten) nachweislich mehr Pickel sprießen. [2] Eine Untersuchung der renommierten Harvard Universität in Boston fand heraus, dass auch übermäßiger Milchgenuss zur Verschlechterung einer Akne beitragen kann. [3,4] Bei Rosacea gelten scharf gewürzte und heiße Speisen als Triggerfaktoren. Eine Neurodermitis ist nicht selten assoziiert mit Allergien oder Nahrungsmittelunverträglichkeiten, die ebenfalls den Hautzustand verschlechtern können. Aktuelle Studien zeigen, dass bei allen drei Hauterkrankungen häufig eine Störung der Darmflora besteht. Bei gesunden Säuglingen lässt sich zum Beispiel anhand einer Darmflorauntersuchung vorhersagen, welche Kinder an Allergien und Ekzemen erkranken werden. Und Aknepatienten leiden häufiger als nicht Betroffene unter Darmproblemen.

Sie sprechen gerade die Darmflora an. Welches Potential für eine schöne Haut steckt im Darm?

Dr. Axt-Gadermann:

Unser Darm und die darin lebenden Bakterien sind die Verbindung zwischen Kochtopf und Körper. Ohne eine gesunde Darmflora sind zahlreiche “Beauty-Stoffe“ aus der Nahrung für uns gar nicht verwertbar. Schutzstoffe wie Antioxidantien nehmen wir nicht nur übers Essen auf, einen Teil können auch gesunde Darmkeime wie Milchsäurebakterien oder Bifidobakterien selber bilden. Eine gesunde Darmmikrobiota ist sogar in der Lage, Substanzen zu produzieren, die wir eher in der Gesichtspflege oder in Lifestyle-Produkten vermuten würden wie Hyaluronsäure, Ceramide oder Milchsäure. Auch der pH-Wert der Haut oder die Haut- und Schleimhautflora stehen in einer engen Verbindung zur Darmflora.

Wie ist Ihre Einschätzung aus dem Alltag: Welchen Stellenwert hat die Hautgesundheit für Ihre Kunden/ Patienten?

Dr. Axt-Gadermann:

Unsere Haut sagt eine Menge über uns aus. Man kann daran ablesen, ob wir Raucher oder Sonnenanbeter sind, ob wir unter Stress stehen oder schlecht geschlafen haben. Unsere Haut verrät deshalb manchmal mehr, als uns lieb ist. Sie ist für die zwischenmenschliche Kommunikation enorm wichtig. Die meisten Menschen wissen das instinktiv und tun deshalb etwas für ihr Äußeres. Hauterkrankungen, vor allem, wenn diese gut sichtbar sind und große Teile der Haut betreffen, können zudem zu starken psychischen Beeinträchtigungen bis hin zu Depressionen führen.

Für viele Menschen nehmen ihre Gesundheit und das persönliche Wohlbefinden mittlerweile einen sehr wichtigen Stellenwert im Leben ein. Können Sie diesen Trend bestätigen? Wenn ja: wie zeigt sich das?

Dr. Axt-Gadermann:

Ich lehre ja im Studiengang Gesundheitsförderung an der Hochschule Coburg und da sehe ich täglich, dass das Thema persönliche Gesundheit und Wohlbefinden immer wichtiger wird. Der Wellness- und Gesundheitstourismus boomt, Fitnessstudios freuen sich über stetig wachsende Mitgliederzahlen. Menschen sind bereit, Zeit und Geld in ihre Gesundheit zu investieren. Und für immer mehr Menschen ist eine gute Work- Life-Balance wichtiger als eine Gehaltserhöhung. Betriebe bauen ihr Gesundheits- und Sportangebot aus. Nicht nur, um die Belegschaft gesund zu erhalten, sondern um auch attraktiver für potentielle Arbeitnehmer zu werden. Dennoch gibt es noch viel zu tun, um Präventionsprogramme alle Bevölkerungsgruppen heranzutragen und das Bewusstsein für einen gesunden Lebensstil langfristig zu fördern.

Welche Bedeutung hat die Ernährung für unsere allgemeine Gesundheit?

Dr. Axt-Gadermann:

Eine ganz große. Man weiß, dass eine gesunde, abwechslungsreiche Ernährung das Risiko für Herz-Kreislauf- Erkrankungen und einige Krebsarten senkt. Dass sie die Knochen stärken und unsere geistige Leistungsfähigkeit verbessern kann und uns auch vor sogenannten Zivilisationskrankheiten wie Diabetes schützt. Ganz wichtig ist hierbei aber, dass die Ernährungsempfehlungen praktikabel sein müssen und vor allem auch schmecken. Essen ist ja nicht nur Kalorienzufuhr, sondern vor allem Genuss. Wenn der Genuss auf der Strecke bleibt, hat auch die gesündeste Ernährung auf Dauer keine Chance, langfristig durchgehalten zu werden.

Was ist wichtiger für eine schöne Haut: sich gesund ernähren oder zu cremen?

Dr. Axt-Gadermann:

Beides, das eine kann das andere nicht ersetzen. Eine gute Pflege schützt die Haut von außen vor UV-Schäden oder Austrocknung und kann die oberen Hautschichten mit Schutzstoffen versorgen. Allerdings kann man gegen einen ungesunden Lebensstil und eine schlechte Ernährung nicht ancremen. Über die Ernährung lassen sich eher langfristige Effekte auf die Hautalterung und für die Hautgesundheit erzielen. Ich kann die Haut mit Messer und Gabel mit wichtigen Nährstoffen versorgen und sogar über Nahrungsmittel (z.B. mit regelmäßigem Verzehr von Tomaten- und Karottenprodukten) einen Lichtschutzfaktor von etwa 4 aufbauen. Das ist ein guter Grundlichtschutz. Ein zusätzlicher Sonnenschutz von außen, der UVB- und UVA-Strahlen abhält, ist aber trotzdem ein Muss. Daran lässt sich erkennen, dass sich Ernährung und Pflege nicht ersetzen, sondern ergänzen.

Wie kann ich meine Gesundheit – neben einer ausgewogenen Ernährung– noch positiv beeinflussen? Was gehört zu einer Gesundheitsroutine für Sie dazu?

Dr. Axt-Gadermann:

Optimismus, Abwechslung im Alltag und soziale Kontakte sind wichtig für unsere Gesundheit. Das alles hält uns körperlich und geistig in jedem Alter fit. Begeben Sie sich auf die Suche nach neuen Eindrücken und Erlebnissen. Mein Mann und ich versuchen, einmal im Monat etwas Neues auszuprobieren. Außerdem mache ich gerne Sport. Bewegung ist wichtig, um gesund zu bleiben und sich wohlzufühlen. Man weiß aber, dass kein Leistungssport notwendig ist. Wer öfter mal das Auto stehen lässt und zu Fuß geht oder mit dem Rad fährt, das “Fitnessstudio“ Treppenhaus nutzt und vielleicht noch etwas für die Muskulatur macht, kann schon eine Menge erreichen.

Quelle: Galderma

Literatur

  1. Wipke-Tevis DD, Williams DA (2007) Effect of oral hydration on skin microcirculation in healthy young and midlife and older adults. Wound Repair Regen 15:174 –185
  2. Mahmood SN, Bowe WP (2014) Diet and acne update: carbohydrates emerge as the main culprit. J Drugs Dermatol. 13(4):428-35.
  3. Adebamowo, C.A., Spiegelman, D., Berkey, C.S., et al. (2008) Milk consumption and acne in teenaged boys. J Am Acad Dermatol 58(5):787-93
  4. Adebamowo CA, Spiegelman D, Berkey CS, et al (2006) Milk consumption and acne in adolescent girls. Dermatol Online J 30; 12(4):1