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„Die Haut wird von innen ernährt und regeneriert“ – Die Wirkung von Sport auf die Hautgesundheit

Interview mit Dr. med. Michael Tank, Hamburg

Es ist kein Geheimnis, dass Sport unser allgemeines Wohlbefinden steigert und sich positiv auf die Gesundheit auswirkt. Im Interview erklärt Dr. med. Michael Tank, Dermatologe, Allergologe, Sportmediziner und Fachbuchautor, die Zusammenhänge zwischen Bewegung und Haut und zeigt, wie die Hautgesundheit positiv beeinflusst werden kann.

Herr Dr. Tank, wie wirken sich Sport und Bewegung auf die Haut aus?

Dr. Tank:

Wenn wir uns bewegen, wird die Haut vermehrt durchblutet, sie rötet sich. Zudem beginnen wir zu schwitzen, wenn wir eine intensive Bewegung über längere Zeit ausführen. Auch bei moderaten Bewegungen bleiben diese Effekte – sie spielen sich aber unter unserer Wahrnehmungsschwelle ab.

Wie kann man seine Hautgesundheit beim Sport positiv beeinflussen? Gibt es auch Sportarten, bei denen die Haut eher strapaziert wird?

Dr. Tank:

Die Haut gehört zum Körper, sie ist die sichtbare Außenhülle, aber sie wird von innen ernährt und regeneriert. Deswegen ist in der ganzheitlichen Medizin die Beeinflussung der physiologischen Prozesse, die im Inneren ablaufen, sehr wichtig. Bewegung ist also grundsätzlich erst einmal etwas Positives für unsere Haut.

Trotzdem gibt es Sportarten, bei denen die Haut strapaziert wird. Alle Sportarten, bei denen man sich lange im Wasser aufhält oder über einen längeren Zeitraum schwitzt, sind eine besondere Belastung für das Hautorgan. Hier denke ich an Schwimmer und Ausdauersportler wie Radfahrer, Läufer, Triathleten, Skilangläufer.

Wer sich in der heutigen Zeit zumeist in Gebäuden aufhält und am ganzen Körper bekleidet ist, gewöhnt sich nicht an Licht. Die Haut baut ihren natürlichen Schutzmechanismus, die Verdickung und Bräune, nicht auf. Wenn diese Menschen dann an die Sonne gehen, z.B. beim Beachvolleyball, dann hat die Haut nicht ausreichend Eigenschutzmöglichkeiten und nimmt Schaden. Dieser kann sich, wenn kein entsprechender Lichtschutz aufgetragen wurde, später als Lichtschäden der Haut zeigen – zum Beispiel mit Pigmentveränderungen und Falten.

Kann man die Effekte, die Sport und Bewegung auf die Hautgesundheit haben, sehen bzw. fühlen?

Dr. Tank:

Grundsätzlich hat Sport einen nach- weislichen Anti-Aging-Effekt. Unser Körper wird durch Belastung besser. Durch Sport verbessert man die Leistungsfähigkeit aller Körperfunktionen. Zudem trainieren wir das Zusammenspiel von Bewegungsapparat und Gehirn, regen den Stoffwechsel an und fördern die Regeneration. Das kommt auch der Haut zugute. Man kann die Effekte sehen und fühlen: Die Haut wirkt frischer, jünger und straffer.

Gibt es etwas, worauf man beim Sport im Zusammenhang mit der Haut achten sollte?

Dr. Tank:

Beim Sport ist es wichtig, Kleidung zu tragen, die nicht reibt. Denn das führt zu Hautbelastungen. Bei Überlastung kommt es zur Blasenbildung oder gar zur Erosion, also einem Hautdefekt. Das betrifft beispielsweise die Füße, die in Schuhen stecken, die Hände, die Sportgeräte fassen, oder das Gesäß, das sich an einem Fahrradsattel wundreiben kann.

Da man beim Sport schwitzt, duschen Sportler häufiger. Dabei sollten sie beachten, dass die in Shampoo und Duschgel enthaltenen Tenside die Haut austrocknen können. Nach der Hautreinigung sind rückfettende Pflegeprodukte eine gute Wahl. Generell sollten Seifen und Shampoos gerade bei empfindlicher Haut nur sparsam eingesetzt werden.

Gelten diese Tipps für alle Hautzustände, auch z.B. bei Neurodermitis oder Rosazea?

Dr. Tank:

Bei Neurodermitis oder Rosazea, aber auch bei anderen Hauterkrankungen liegt eine gestörte, kranke Haut vor. Diese ist nicht mit gesunder Haut zu vergleichen und bedarf besonderer Zuwendung. Auch wenn aus ganzheitlicher Sicht die Ursachen nicht im Hautorgan, sondern im Körper zu finden und dort primär zu behandeln sind, benötigt die geschädigte Haut eine lokale Therapie. Insbesondere die durch Ekzeme geschädigte Haut des Atopikers braucht Rückfettung und sollte nicht bewusst zusätzlich belastet werden. Schwimmen, gerade in chlorhaltigem Wasser, ist für Atopiker nicht zu empfehlen.

Ist die Hautgesundheit ein großes Thema bei Ihren Patienten? Welche Bedeutung hat die Haut für das allgemeine Gesundheitsempfinden und Wohlbefinden?

Dr. Tank:

In der täglichen Praxis kommen Hautpatienten vor allem deswegen zu uns, weil sie Missempfindungen haben oder weil sie sich optisch stigmatisiert fühlen. Wir versuchen, mit unseren ganzheitlichen Methoden, die wahren Ursachen zu finden und den Patienten zu erklären, warum z.B. der Darm oder das Zahnmaterial die Hautveränderungen auslösen und dass die ursächliche Behandlung in der Therapie der Grunderkrankung liegt. Der Nebeneffekt ist häufig z.B. eine bessere Verdauung, eine bessere Nährstoffversorgung und natürlich eine gesunde Haut. Die Wiederherstellung eines weitgehend natürlichen Hautbildes, das uns ja, wenn wir jemandem gegenüberstehen, als erstes zu Gesicht kommt und zur Bewertung des Gegenübers beiträgt, ist für das allgemeine Gesundheitsempfinden sehr wichtig.

Für viele Menschen nehmen die Gesundheit und das persönliche Wohlbefinden mittlerweile einen besonders hohen Stellenwert in ihrem Leben ein. Können Sie diesen Trend bestätigen? Wenn ja: Wie zeigt sich das?

Dr. Tank:

Wir sind ein Zentrum für ganzheitliche Medizin. Zu uns kommen Menschen, die sich nicht wohl oder sogar krank fühlen und gerne wissen wollen, warum das so ist. Sie sind in der Regel bei mehreren Ärzten gewesen und haben keine befriedigende Antwort bekommen. Diese können wir häufig – aber auch nicht immer – liefern. Generell sprechen wir heute vermehrt mit Patienten, die viel hinterfragen. Sie möchten nicht mehr lebenslang mehrere Medikamente täglich gegen verschiedene Symptome nehmen, ohne das “Warum?“ dahinter zu kennen. Der Anteil derer, die einsehen, dass ihr Gesundheitszustand das Ergebnis ihres Lebensstils ist, wächst. Manche wollen oder können jedoch nichts ändern und nehmen lieber Medikamente, andere wollen etwas tun und sind bereit, sich zu ändern. Und dies fast immer mit Erfolg.

Wie wichtig sind individuelle Lösungen? Welche Rolle spielen aus Ihrer Sicht neue technologische Möglichkeiten wie z.B. Self-Tracking Apps und Devices?

Dr. Tank:

Der Trend geht zunehmend dahin, dass nicht mehr Pauschallösungen wie einheitliche Ernährungsberatungen, Blutdruckwerte oder Sportprogramme im Mittelpunkt stehen, sondern die individuellen Gegebenheiten des jeweiligen Menschen Berücksichtigung finden.

In den Medien und der modernen Medizin wird der Eindruck vermittelt, man könne alles messen, aus den Ergebnissen Schlüsse ziehen und auf diese dann reagieren. Grundsätzlich finde ich eine gute Selbstwahrnehmung wichtiger. Ich halte die Patienten dazu an, in sich selbst hineinzuhorchen, anstatt auf mehr oder weniger genaue Messwerte eines Fitnesstrackers zu hören. Trotzdem befürworte ich das Tragen von Fitnessarmbändern. Sie geben manchem eine ungefähre Vorstellung davon, was er im täglichen Leben leistet. Das ist körperlich manchmal erschreckend viel weniger, als von der- oder demjenigen im Vorfeld selbst eingeschätzt bzw. erwartet.

Wie kann man seine Gesundheit– neben ausreichender Bewegung – noch positiv beeinflussen? Was gehört für Sie zu einer adäquaten Gesundheitsroutine?

Dr. Tank:

Oft wird unter Gesundheit nur das körperliche Wohlbefinden verstanden. Allerdings spielen auch die geistige und die soziale Komponente eine entscheidende Rolle. Hier ist jeder Einzelne für sich selbst verantwortlich. Doch das Bewusstsein für die Zusammenhänge fehlt bei Vielen. Wir können unsere Gesundheit positiv beeinflussen, wenn wir auf regelmäßige Bewegung mit gelegentlicher körperlicher Anstrengung und eine gute, vollwertige Ernährung achten. Einen entscheidenden Einfluss haben aber auch eine gute, funktionierende Schlafroutine, ein gesundes Wohn- und Arbeitsumfeld und die Vermeidung von Stress. Auszeiten, in denen man bewusst nicht erreichbar ist und sich auf sich selbst konzentriert, sind aus meiner Sicht ebenfalls wichtiger Bestandteil einer allgemeinen Gesundheitsroutine.

Quelle: Galderma