Plastische Chirurgie

Kapselfibrosen minimieren: Präventionsmöglichkeiten nach Implantat-basierter Brustoperation

Die Kapselfibrose ist eine der häufigsten Komplikationen nach Implantat-basierter Brustoperation und einer der häufigsten Gründe für eine erneute Operation. Daher erörterte Prof. Dr. med. Marc Thill, Chefarzt der Klinik für Gynäkologie und Gynäkologische Onkologie in Frankfurt am Main, bei einer virtuellen Veranstaltung im Rahmen der 40. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Senologie e.V. anhand der aktuellen Datenlage, inwiefern beispielsweise texturierte Implantate, Keller Funnel und lokale Antibiose zur Reduktion von Kapselfibrosen beitragen können.

Die Inzidenz der Kapselfibrose nach Implantat-Einlage variiert je nach Mamma-Augmentation oder -Rekonstruktion der Brust zum Teil erheblich, schilderte Thill. So liegen die Raten nach Mamma- Augmentation bei epipectoraler Einlage zwischen 2,5-8% und bei subpectoraler Einlage etwas niedriger zwischen 2-3%. Bei der Rekonstruktion der Brust liegt die 1-Jahres-Inzidenz für Kapselfibrose bei etwa 12% und die 5-Jahres-Inzi- denz bei 30% mit besonders hohen Raten von über 40% nach Radiotherapie, gab der Experte zu bedenken. [1]

Die Entstehung von Kapselfibrose ist ein multifaktorieller Prozess, wobei die genauen Mechanismen noch unbekannt sind. Es wird jedoch angenommen, dass die Implantat-Textur, Schnitt-Techniken und eine bakterielle Kontamination der Taschen mit darauffolgender Biofilmbildung diese Prozesse triggern.

Keller Funnel und Antiseptika

So kann nach Studienlage z.B. die intraoperative Verwendung des Keller Funnels direkte Kontakte mit dem Implantat während der OP verringern und so dazu beitragen, die bakterielle Kontamination zu reduzieren (1,3% mit Keller Funnel (n=151) vs. 10,0% ohne (n=15); p=0,0019), so Thill. [2]

Für das Auswaschen der Brusttasche oder zum Einweichen des Brustimplantats mit Antibiotika und Antiseptika während der Operation gibt es bislang keinen hohem Evidenzgrad. In einem systematischen Review im Bereich der ästhetischen Medizin wurde die Wirksamkeit topischer Antibiotika oder Antiseptika bei der Verringerung der Infektionsraten untersucht. Zur Augmentation der Brust berücksichtigte das Review Daten von 3.768 Frauen über einen Zeitraum von 1996 bis 2010. Der Einsatz von Antibiotika beim Taschenwaschen oder Implantat-Immersion führte zu niedrigeren Infektionsraten (RR=0,52; p=0,004; 95% CI: 0,34- 0,81). Es gibt sehr wahrscheinlich einen klinischen Vorteil bei der Verwendung von Antibiotika bei Augmentation der Brust, schlussfolgerte Thill. [3]

Präoperativ zeigte eine verlängerte prophylaktische Antibiose über den Zeitraum von mehr als 24 Stunden hingegen keine Vorteile bei Einlage von Implantaten nach Mastektomie, um die Kontaminations-Raten zu senken, ergänzte Thill. [4]

In einer kumulativen Meta-Analyse mit 577 Publikationen zur Augmentation der Brust zeigten texturierte Implantate eine geringere Inzidenz für Kapselfibrosen (HR 2,13). Allerdings steigt bei texturierten Implantaten die Häufigkeit des anaplastischen Großzelllymphoms (BIA-ALCL), was bei der Beratung, Aufklärung und Implantat-Wahl berücksichtigt werden sollte, gab Thill zu bedenken. [5]

ADM versus Mesh

Die Einführung der Dual-plane-Technik unter Verwendung von azellulärer dermaler Matrix (ADM) und synthetischen Mesh-Produkten ermöglichst es, die Inframammärfalte und den unteren Pol sowie die Projektion besser zu definieren. Aktuell steht zur Diskussion, ob ADM/Mesh auch mit einem besseren Outcome bei subkutaner Implantat-basierter Brustrekonstruktion assoziiert
ist. Gepoolte Kurzzeitdaten (6 Studien, 186 Rekonstruktionen) weisen auf ein geringes Auftreten von Komplikationen wie Kapselfibrose unter ADM- und Mesh-begleiteten Rekonstruktionen hin. Allerdings fehlen noch größere Vergleichsstudien über einen längeren Beobachtungszeitraum, gab Thill zu bedenken. [6]

Quelle: Virtueller Vortrag „Kann eine Kapselfibrose vermieden werden? – Update 2020“ von Prof. Dr. med. Marc Thill aus Frankfurt am Main anlässlich der 40. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Senologie e.V., 17. Juni 2021.

 

Abb. 1: Zusammenfassung der bisherigen Evidenzlage zu den Präventionsmöglichkeiten der Kapselfibrose.

Literatur

1. Headon H, Kasem A, Mokbel K. Capsular Contracture after Breast Augmentation:
An Update for Clinical Practice. Arch Plast Surg. 2015 Sep;42(5):532-43. doi: 10.5999/ aps.2015.42.5.532. Epub 2015 Sep 15. PMID: 26430623; PMCID: PMC4579163.

2. Newman AN, Davison SP. Effect of Keller Funnel on the Rate of Capsular Con- tracture in Periareolar Breast Augmentation. Plast Reconstr Surg Glob Open. 2018 Jun 18;6(6):e1834. doi: 10.1097/ GOX.0000000000001834. PMID: 30276059; PMCID: PMC6157951.

3. Frois AO, Harbour PO, Azimi F, Young J, Chan B, Mak C, Warrier S. The Role of Antibiotics in Breast Pocket Irrigation and Implant Immersion: A Systematic Review. Plast Reconstr Surg Glob Open. 2018 Sep 14;6(9):e1868. doi: 10.1097/GOX.0000000000001868. PMID: 30349776; PMCID: PMC6191220.

4. Hai Y, Chong W, Lazar MA. Extended Prophylactic Antibiotics for Mastectomy
with Immediate Breast Reconstruction: A Meta-analysis. Plast Reconstr Surg Glob Open. 2020 Jan 27;8(1):e2613. doi: 10.1097/ GOX.0000000000002613. PMID: 32095414; PMCID: PMC7015589.

5. LiuX,ZhouL,PanF,GaoY,YuanX,FanD. Comparison of the postoperative incidence rate of capsular contracture among different breast implants: a cumulative meta-analysis. PLoS One. 2015 Feb 13;10(2):e0116071. doi: 10.1371/journal.pone.0116071. PMID: 25680100; PMCID: PMC4332657

6. Salibian, Ara A. MD; Frey, Jordan D. MD; Choi, Mihye MD; Karp, Nolan S. MD Subcut- aneous Implant-based Breast Reconstruc- tion with Acellular Dermal Matrix/Mesh: A Systematic Review, Plastic and Reconstructive Surgery – Global Open: November 2016 – Volume 4 – Issue 11 – p e1139, doi: 10.1097/ GOX.0000000000001139