Psoriasis

Patient related outcomes (PRO) im Fokus

Der Umgang mit der Schuppenflechte als Erkrankung hat sich für die Betroffenen wie auch deren behandelnde Ärzte in den letzten Jahren enorm geändert. Das gestiegene Wissen um die Krankheitsentstehung, aber auch der große Zuwachs an effizienten Therapeutika hat dazu erheblich beigetragen.

„Umgang“ bedeutet inzwischen aber mehr als das bloße Verschreiben von Medikamenten: hier ist das Arzt- Patienten-Verhältnis in den letzten Jahren ins Zentrum des Interesses gerückt, indem eine aktive, sogenannte partizipative Teilnahme des Patienten an Therapieentscheidungen wichtig geworden ist und einen wesentlichen Beitrag zum Therapieerfolg erbringt. Der Patienten-Arzt- Kontakt erfolgt in der Regel direkt und persönlich, (Informations-) Austausch ist aber auch zunehmend durch digitale Technologien möglich. Andererseits können Erfahrungen im Umgang mit der Erkrankung von Betroffenem zu Betroffenem auf entsprechenden Foren oder in Selbsthilfeorganisationen und damit das „erlebte Wissen“ der Patienten weitervermittelt werden.

Das aktuelle Konzept der Versorgung von Betroffenen mit Schuppenflechte besteht daher nicht in der bloßen Therapie der Symptome, sondern dem ganzheitlichen „Management“ aller Aspekte des Lebens – persönlich, familiär, sozial, beruflich. Aber auch die verschiedenen Aspekte der Schuppenflechte sind mit einzubeziehen wie das Auftreten von Begleiterkrankungen und das Einbeziehen von Begleitmedikation.

Compliance, Adhärenz, Resilienz

Diese Einschätzungen beruhen auf den (eher banalen und offensichtlichen) Erfahrungen, dass Patienten/ Betroffene häufig Erkrankungen, deren Therapie und Einflüsse auf das tägliche Leben anders einschätzen als der behandelnde Arzt. Ganz plakativ bedeutet dies, dass manche Betroffene einzelne oder wenige Hautveränderungen schon als besonders schwer wahrnehmen, andere Betroffene hingegen von einer ausgeprägten und ausgedehnten Schuppenflechte nicht wesentlich beeinflusst werden. In diesem Zusammenhang ist das Konzept der sogenannten Resilienz bedeutsam, d.h. der seelischen Widerstandskraft, in welchem Umfang Menschen mit unter Umständen extremen Belastungen umgehen können, an denen andere evtl. zerbrechen. Resilienz ist durch persönliche Faktoren, aber auch durch Erziehung und Lebenserfahrung geprägt und damit prinzipiell erlern- und veränderbar.

Die persönlichen Erfahrungen und Einschätzungen des Betroffenen sind daher für den Umgang mit der Erkrankung wichtig, insbesondere auch für die Therapie und deren Erfolg. Compliance beschreibt in diesem Zusammenhang die Bereitschaft eines Patienten zur aktiven Mitwirkung an empfohlenen therapeutischen Maßnahmen, d.h. der Patient befolgt, was der Arzt empfiehlt oder verlangt. Einsicht und Nachvollziehbarkeit sind hier nur in geringem Umfang gefragt, um die Therapie tatsächlich umzusetzen. Adhärenz hingegen bedeutet das Ausmaß, in dem das Verhalten und die Einschätzung des Betroffenen mit den vereinbarten Empfehlungen des Therapeuten übereinstimmt, es kommt hier zu einer gemeinsamen Entscheidungsfindung und einer aktiven Zusammenarbeit. Nach diesen Vorstellungen muss ein Patient aber auch in Eigenverantwortung aktiv an der Behandlung seiner Gesundheit und der Bewältigung der Erkrankung teilnehmen. Dies betrifft die Aspekte Vorsorge, Behandlung und Nachsorge und soll einen für ihn individuell nachvollziehbaren und bedeutsamen Nutzen darstellen.

Patient Related Outcomes (PRO)

Diese in den letzten Jahren zunehmende aktive Einbeziehung von Patienten und deren Sichtweisen in Therapieentscheidungen und das weitere Vorgehen spiegeln sich auch in der systematischen und messbaren Erfassung von Patientenstandpunkten wider. Dafür sind die sogenannten Patient Reported Outcomes (PRO) etabliert worden, die übersetzt werden können mit „von Patienten berichtete Endpunkte/Ergebnisse“, Selbstberichtsinstrumente oder Patienteneinschätzung. Wichtig dabei ist, dass die Betroffenen ohne eine Beeinflussung oder Bewertung durch die betreuenden Ärzte ihre Einschätzung berichten und diese analysiert werden. Nach Definition der europäischen Arzneimittelagentur EMA dienen PRO dazu, die Wahrnehmung von Krankheit und deren Therapie durch den Patienten zu erfassen.

Verschiedene Fachgesellschaften und Institutionen haben sich mit der Erstellung solcher PRO beschäftigt. Auch Behörden und Krankenkassen sind zunehmend an diesen Daten interessiert, um die Wertigkeit eines therapeutischen Ansatzes umfassend zu werten. Dabei müssen die Instrumente zur Erfassung von PRO verlässlich und valide sein sowie empfindlich genug, Veränderungen tatsächlich zu erfassen. PRO können damit in klinischen, ökonomischen und bevölkerungsbezogenen (epidemiologischen) Untersuchungen eingesetzt werden.

Aus Patientensicht können dabei verschiedene Aspekte erfasst werden wie die Lebensqualität, Krankheitssymptome, Körperfunktionen, die Zufriedenheit mit der Versorgung, die Adhärenz an verschriebene Medikamente oder andere therapeutische Maßnahmen sowie der subjektiv wahrgenommene Wert einer Behandlung. Für die Erfassung der PRO steht inzwischen eine Reihe von validierten, d.h. überprüften und verlässlichen Fragebögen zur Verfügung, die bereits umfangreich in aktuellen klinischen Studien, zunehmend aber auch in der täglichen Praxis zur Therapieverfolgung eingesetzt werden.

Erfasst werden können die Ergebnisse durch elektronische Geräte wie Smartphones, Tablets oder tragbare Medizingeräte, durch webbasierte Portale oder konventionell durch Papiererfassung. Dabei können die verschiedenen Instrumente allgemeine Krankheitssymptome, Dermatologie- oder spezifisch Psoriasis-bezogene Aspekte erfassen wie Depressionen, Juckreiz, Beeinflussung der täglichen Aktivitäten oder die gesundheitsbezogene Lebensqualität.

PRO auch in der Dermatologie

Eines der am häufigsten untersuchten PRO ist die Lebensqualität, für die allein mehrere Instrumente zur Verfügung stehen. Der wohl bekannteste in der Dermatologie ist der Dermatology Life Quality Index (DLQI), der nicht nur für die Psoriasis, sondern auch für andere Hauterkrankungen angewendet werden kann. In zehn Fragen werden Einschränkungen des täglichen Lebens, Juckreiz und Schmerzen sowie Einflüsse der Therapie in den letzten sieben Tagen erfasst. Der resultierende Punktwert liegt zwischen 0 (kein Einfluss auf die Lebensqualität) und 30 (sehr starker Einfluss auf die Lebensqualität). Im Patient Benefit Index (PBI) bewerten Patienten die Wichtigkeit vorgegebener Therapieziele vor der Therapie und die Zielerreichung nach der Therapie. Der Therapienutzen aus Patientensicht wird anhand von 5 Subskalen und eines Globalwertes numerisch angegeben.

Daneben stehen allgemeinere und komplexere Fragebögen wie der SF 36 (Short Form 36 Fragen) und der EQ5 zur Verfügung, die verschiedene Körperfunktionen und Aktivitäten erfassen. Der EQ-5D wurde 1987 von der EuroQol Arbeitsgruppe aus Medizinern, Psychologen, Krankenpflegern, Ökonomen, Philosophen und Soziologen (EQ) erstellt und erfasst die fünf Komponenten oder Dimensionen (5D) Beweglichkeit, Mobilität, körperliche Beschwerden, die Fähigkeit, für sich selbst zu sorgen, die Beeinflussung alltäglicher Tätigkeiten, Angst und Niedergeschlagenheit sowie Schmerzen. Ergebnis ist ein eindimensionaler Messwert zwischen 0 (sehr schlecht) und 1 (bestmöglicher Gesundheitszustand). Das Psoriasis Symptom and Sign Diary (PSSD) ist ein evaluierter, das heißt auf seine Aussagekraft und Verlässlichkeit überprüfter Fragebogen, in dem die Patientinnen und Patienten die Symptome Juckreiz, Schmerzen, Stechen, Brennen und Hautspannung sowie die klinischen Zeichen Trockenheit der Haut, Rissbildung, Abschuppung, Rötung und Blutung selbst angeben, dies bezogen auf einen Tag oder eine Woche. Die Bewertung der einzelnen Faktoren erfolgt zwischen 0 (nicht vorhanden) und 10 als stärkster Ausprägung. Summierend ergeben sich Werte zwischen 0 und 100, das heißt keine bis schwerste Krankheitsausprägung. Die mehrfache Erhebung über die Zeit ermöglicht daher eine Beurteilung des Krankheitsverlaufes und des Therapieansprechens aus Patientensicht.

Fazit

Zusammen mit objektivierbaren Faktoren wie dem PASI, der die flächige Ausdehnung, Rötung und Schuppung der Psoriasis individuell erfasst, oder der prozentualen Beteiligung der Körperoberfläche (Body Surface Area, BSA) helfen krankheitsspezifische wie unspezifische (sog. generische) PRO Arzt und Patienten, das Therapieansprechen umfassend zu verfolgen und die Zusammenarbeit beider Parteien transparenter zu machen und dadurch zu verbessern. Im Sinne einer ganzheitlichen Versorgung der Patienten auf Augenhöhe sind dies wichtige Voraussetzungen und sollten umgesetzt werden. 􏰀

Prof. Dr. med. Michael Sticherling
Stellv. Direktor und Leitender Oberarzt Hautklinik des Universitätsklinikums Erlangen Ulmenweg 18
91054 Erlangen
michael.sticherling@uk-erlangen.de

Quelle: PSO Magazin 5/2020