Hautpflege

Relevanz von Wirkstoffkosmetik bei der Alltagspflegeroutine und bei ästhetischen Behandlungen

Interview mit Dr. Dr. med. Frank Muggenthaler

Dr. Dr. med. Frank Muggenthaler ist Facharzt für Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie und Ästhetisch-Plastische Operationen mit eigener Klinik in Gutach bei Freiburg sowie einer Privatpraxis in Basel (Schweiz). Im Gespräch mit Dr. rer. nat. Verena Hoffmann von SkinCeuticals, L‘Oréal Deutschland GmbH, beschreibt Dr. Dr. med. Muggenthaler, welche Schritte eine gute Pflegeroutine umfassen sollte und welchen Einfluss sie auf ästhetische Behandlungen hat.

Dr. Dr. med. Frank Muggenthaler

Dr. rer. nat. Verena Hoffmann

Herr Dr. Muggenthaler, ich freue mich, dass Sie sich heute die Zeit nehmen, um sich dem Thema Wirkstoffkosmetik zu widmen und in diesem Zusammenhang zu klären, welche Schritte eine alltägliche Pflegeroutine ausmachen und welche Rolle diese wiederum als Ergänzung von medizinisch-ästhetischen Behandlungen spielt. Wie lautet in diesem Zusammenhang Ihrer Meinung nach der allererste und vielleicht auch der wichtigste Schritt? Bitte kommentieren Sie doch auch, warum er für Sie so wichtig ist?

Dr. Muggenthaler:

Der wichtigste Schritt ist die Reinigung. Sie sorgt dafür, dass Schmutzpartikel und abgestorbene Hautbestandteile von der Haut abgelöst und entfernt werden. Auf diese Art wird auch in gewisser Weise der Stress genommen. Das ist besonders wichtig, weil moderne Medizin- und Dermatokosmetik Wirkstoffe enthalten, die in der Haut tatsächlich etwas bewirken. Das können Sie allerdings nur, wenn Sie gut hineinkommen. Daher muss die Reinigung dafür sorgen, dass die obersten Barrieren vermindert werden. Als nächster Schritt sollte ein Toner benutzt werden, um die letzten Reste zu entfernen, um den pH-Wert wieder einzustellen und um die wichtige Hautbarrierefunktion wieder zu gewähren.

Eine effiziente und schonende Reinigung ist also eine absolut wichtige Maßnahme zur Vorbereitung der Haut auf das, was folgt. Zum Stichwort Reinigung erinnere ich mich aber auch noch gerne an ein Zitat, welches Sie kürzlich im Rahmen eines Kongressvortrages brachten. Sie als Koryphäe auf dem Gebiet der Peelings und insbesondere Phenolpeelings sagten, dass Peelings zuhause in Form von Glykolsäure- Produkten für Sie zur täglichen Reinigung gehören. Können Sie das bitte noch näher erläutern?

Zu dieser Frage kann ich nur sagen, dass es in der Tat essenziell ist, nach der Reinigung eine Fruchtsäure zu verwenden. 10% Fruchtsäure führt ja schon dazu, dass die oberen Hautschichten abgeschilfert werden, der Schmutz entfernt wird und eine leichte Depigmentierung eintritt. Das ist genau das, was wir jeden Tag benötigen – deshalb würde ich es jedem Reinigungsprozess als wichtigen Schritt einfach anfügen.

Jetzt haben wir sehr umfangreich über die Bedeutung der Reinigung inklusive der Anwendung von fruchtsäurehaltigen Produkten gesprochen – welchen Stellenwert haben denn Antioxidantien als nächster Pflegeschritt für Sie?

Dr. Muggenthaler:

Antioxidantien haben natürlich eine ganz große Bedeutung. Genauso, wie freie Radikale die Hauptursache für die Hautalterung sind. Antioxidantien können freie Radikale neutralisieren. Freie Radikale sind wiederum Moleküle mit zu vielen Elektronen. Antioxidantien nehmen diesen Molekülen die Elektronen weg und neutralisieren sie auf diese Weise. Das ist der einfache Mechanismus, der dahintersteht. Und was heißt das für die Hautpflege? Das heißt, dass zur täglichen Hautpflege unbedingt ein Antioxidans oder mehrere gehören. Man könnte aber auch vielleicht auch ein Antioxidans mit mehreren Eigenschaften in die Alltagspflege integrieren, wie z.B. das Vitamin C. Das Vitamin C ist nicht nur ein Antioxidans, sondern es trägt auch zu einer leichten Depigmentierung und zu einer Erneuerung oder Stimulierung der Kollagensynthese bei. Vitamin C ist die ideale Substanz, die als Antioxidans neben anderen wie z.B. Vitamin E für die tägliche Routine angewandt werden kann. Festzuhalten ist, dass Antioxidantien sehr wichtig sind, um in der täglichen Pflegeroutine eingesetzt zu werden.

Hyperpigmentierung ist ein gutes Stichwort. Sind Hyperpigmentierungen eine häufig vorkommende Hautveränderung, und wenn ja, gibt es noch zusätzliche Pflegeempfehlungen Ihrerseits, um diese in der Ausprägung zu mindern?

Dr. Muggenthaler:

Ja, in der Tat. Hyperpigmentierungen sind eine der häufigsten Gründe, warum wir eigentlich Medizinkosmetik anwenden. Ich würde sagen, bei über 80% meiner Patienten stelle ich Hyperpigmentierungen in mehr oder minder großem Ausmaß fest. Was kann man dagegen tun? Es gibt natürlich das allgegenwärtige Mittel, den Lichtschutz, welcher immer angewendet werden muss. Des Weiteren gibt es innerhalb der ganzen Kette oder Abläufe der Pigmentbildung verschiedene Stellen, Möglichkeiten einzugreifen. Wir haben ganz oben die Option, mit Hydrochinon, Azelainsäure oder B-Resorcinol anzusetzen. Das sind letztendlich medizinische Schritte, die teilweise rezeptpflichtig, mit anderen Nachteilen verbunden sind oder nur begrenzt angewendet werden können und deshalb nicht die allgemeine Lösung sein können. Eine Ebene darunter haben wir die Möglichkeit, auf die Tyrosinasebildung einzuwirken. Dies kann man erreichen, wenn man entzündungshemmende Behandlungen vornimmt und somit die Prostaglandinsynthese einschränkt bzw. die Grundlage für Entzündungen behandelt. Fette beispielsweise spielen ebenfalls eine große Rolle bei der Entstehung von Akne, aber eben auch bei der Entstehung von Hyperpigmentierungen. Es gibt aber jetzt auch einen anderen interessanten Ansatz, indem wir mit der Tranexamsäure, die in immer mehr Produkten zur Anwendung kommt, ganz unten eingreifen, um die Pigmentbildung zu unterbinden. Hyperpigmentierungen sind ein weitverbreitetes Problem und dies ist in manchen Fällen auch gar nicht lösbar. In vielen anderen eben doch und durch ein kombiniertes Behandlungskonzept auf verschiedenen Ebenen lässt sich die Pigmentbildung wiederum ganz gut kontrollieren.

Das habe ich nicht erwartet, dass Behandlungen zur Minderung von Hyperpigmentierungen doch so einen hohen Prozentsatz ausmachen. Gibt es neben dem Schritt der Pigmentkontrolle einen weiteren Schritt, der Ihrer Erfahrung nach im Zusammenhang mit einer guten Alltagsroutine genannt werden sollte?

Dr. Muggenthaler:

Oh ja, nach der Reinigung, dem Schutz durch Antioxidantien und der Pigmentkontrolle ist es vor allem die Stimulation mit Retinol. Stimulation bedeutet in dem Fall, dass wir mit dem Retinol eine Anregung der Kollagen- und Elastinsynthese erreichen. Aber nicht nur das – Retinol hat auch einen ganz interessanten Einfluss auf die Pigmentbildung, d.h., Überpigmentierungen werden reduziert und die Fettproduktion wird gesenkt. Daher wird es ja auch bei der Akne erfolgreich eingesetzt – sogar
in Tablettenform. Es hat aber auch als Säure einen Einfluss auf die Dicke der obersten abgestorbenen Hautschicht. Diese wird nämlich dünner und gleichzeitig wird durch die Anregung der Kollagensynthese die eigentliche Dermis dicker. Retinol hat wirklich viele gute Eigenschaften, die wir unbedingt nutzen sollten. Es ist aber auch zu bedenken, dass Retinol irritierend auf die Haut wirken kann. Das ist ein häufiges Problem. Viele Patienten, die Retinol in einer wirksamen Konzentration zum ersten

Mal anwenden, werden zunächst eine Rötung, ein Trockenheits- oder Spannungsgefühl oder einen Juckreiz empfinden und zu dem Schluss kommen, dass sie es nicht vertragen und deshalb vom Retinol Abstand nehmen. Deshalb ist es wichtig zu erwähnen, dass das Retinol eine gewisse Eingewöhnung erfordert. Die genannten Arten der Irritationen sind durchaus normal und sie bilden sich im Verlauf von 2 bis 3 Wochen auch wieder zurück. Die Konzentration spielt dabei auch eine große Rolle: 0,5% Retinol ist eher mild und eignet sich sogar für die tägliche Anwendung, wohingegen 1%iges Retinol schon recht stark ist und man damit durchaus ein Retinolpeeling durchführen kann. Deshalb empfehle ich Retinol langsam und stärkere Re- tinolkonzentrationen besser unter ärztlicher Aufsicht oder mit einer medizinischen Beratung anzuwenden. Zuletzt ist es wichtig, eine gewisse Geduld mitzubringen. Die Erfolge, die sich durch das Retinol erreichen lassen, sind unglaublich. Retinol stellt in meinen Augen einen hervorragenden Anti-Aging-Wirkstoff dar.

Retinol als wirksamer Age Fighter klingt überzeugend. Haben Sie vielleicht abschließend noch eine wetere Empfehlung?

Dr. Muggenthaler:

Wir haben es ja schon teilweise angesprochen. Der Lichtschutz spielt natürlich eine ganz große Rolle. Denn viele dieser Altersveränderungen, die ja die freien Radikale erzeugen, werden durch die UV-Energie der Sonne ausgelöst. Diese Strahlenenergie zusammen mit der Wärmebelastung, die von ihr ausgeht, sowie die zusätzliche schädigende Wirkung von UVA- und UVB-Strahlen tragen zur Hautalterung bei. Deshalb ist ein Lichtschutz jeden Tag erforderlich. Der beste Schutz wird erzielt, wenn der Lichtschutz mit einem Antioxidans kombiniert wird, weil dann auch die freien Radikale neutralisiert werden. Dies ist also ein absolutes Muss, gerade auch bei der Anwendung einer Medizinkosmetik, die an der Hautoberfläche etwas bewirkt, sprich die Schichten der toten Zellen reduziert, wodurch ja letztlich die UV-Strahlen dann doch besser hineinkommen. Deshalb ist es so wichtig, dass wir den Lichtschutz auf keinen Fall vernachlässigen.

Zuletzt würde mich interessierten, warum die von Ihnen zuvor beschriebene Pflegeroutine so wichtig ist?

Dr. Muggenthaler:

Es gibt wirklich viele Gründe, warum es so wichtig ist, sich um eine schöne und vor allem gesunde Haut zu kümmern. Jeder Patient, der zu mir kommt und sein Äußeres optimieren möchte, hat letztlich ja nicht nur den Wunsch, dass er besser aussieht, sondern auch gesünder ist. Dazu ist die Hautqualität eben so wichtig. Mir ermöglicht es, Patienten auf diese Weise aber auch besser kennenzulernen. Umgekehrt genauso: der Arzt und der Patient sind in der Lage, auf diese Weise eine engere Bindung aufzubauen, die sich langfristig auszahlen wird, und man kann gemeinsam entscheiden, ob man später noch andere Behandlungen anschließt.

Es wird auch immer wieder gefragt, ob vor bestimmten Eingriffen eine besondere Hautpflege erforderlich ist. Ich würde vor jedem Eingriff mit dem Patienten über die Hautpflege sprechen. Es gibt aber auch Eingriffe wie z.B. Peelings, Phenolpeelings, die eine umfassende Hauterneuerung mit sich bringen, wo eine optimale Vorberei- tung absolut unerlässlich ist. Gerade bei diesen Patienten mache ich es zur Voraussetzung, dass die Pflegeroutine auch angewandt wird. In der Regel wird die Pflege auch nach dem Eingriff fortgeführt. Wie es aber auch bei den meisten anderen Behandlungen ist, hat der Patient zu mir schließlich Vertrauen gefunden und wir sorgen deshalb gemeinsam dafür, dass das Erreichte erhalten bleibt.

Herr Dr. Muggenthaler, vielen herzlichen Dank für die großartigen Empfehlungen sowie spannenden Insights von Ihnen als Experte rund um ein effiziente Gesichtspflege. Ihren Aussagen nach ist sie ja sehr wichtig in vielerlei Hinsicht: Zum einen ist die Empfehlung einer präzisen und wirksamen Pflegeroutine sicherlich eine wichtige Hilfestellung für den Patienten und Endverbraucher für die Anwendung zuhause, um der eigenen Haut ein gesundes Aussehen zu verleihen. Außerdem haben wir heute erfahren, dass sie auch eine entscheidende Rolle als Ergänzung von medizinisch-ästhetischen Behandlungen spielt. Eine gute Routine kann nämlich auch hervorragend eingesetzt werden, um die Haut auf unterschiedliche Behandlungen vorzubereiten oder diese nachzubereiten, vor allem mit dem Ziel, die Behandlungsergebnisse zu sichern. Zudem fand ich auch den Aspekt der Patientenbindung sehr interessant. Die Aufzeichnung dieses Interviews hat uns sehr viel Freude bereitet. Ein großes Dankeschön noch einmal an Sie! 􏰅

Das Interview führte Dr. rer. nat. Verena Hoffmann, SkinCeuticals Scientific Communications & Medical Relations.