Axiale Spondylarthritis

Axiale Spondyloarthritis in der orthopädischen Praxis

Mit den richtigen Fragen und Bildgebung zur korrekten Diagnose

Erste Anlaufstelle für Patient*innen mit chronischen Rückenschmerzen ist oft die orthopädische Praxis. Zu klären ist, ob es sich um einen „unspezifischen“ Kreuzschmerz oder um eine entzündlich-rheumatische Erkrankung wie eine ankylosierende Spondylitis oder eine andere Form der axialen Spondyloarthritiden handelt, bei denen eine Verzögerung der Therapie strukturelle Schäden zur Folge haben kann. Wie mit den richtigen Fragen und entsprechender Bildgebung eine zügige und korrekte Diagnose gestellt werden kann, diskutierten der Orthopäde Dr. med. Johannes Flechtenmacher (Karlsruhe) und der Orthopäde und Rheumatologe Prof. Dr. med. Xenofon Baraliakos (Herne) anlässlich eines Symposiums beim Deutschen Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU) in Berlin.

Die ankylosierende Spondylitis (AS, Morbus Bechterew) zählt zu den prädominant axialen Spondyloarthritiden (axSpA), deren erste Symptome im Durchschnitt in der zweiten bis dritten Lebensdekade auftreten. Führendes Hauptsymptom sind chronische – d.h. länger als drei Monate bestehende – Rücken- schmerzen. Treten diese vor dem 45. Lebensjahr auf, sind axSpA eine wichtige Differenzialdiagnose. Bei der AS ist bekannt, dass etwa jede*r dritte Patient*in einen schwerwiegenden Verlauf erleben wird. Eine zeitnahe Diagnosestellung ist deshalb von Bedeutung, um das „Window of Opportunity“ zur Vorbeugung struktureller Schäden am Achsenskelett zu nutzen. Zwischen Symptombeginn und Diagnose einer axSpA vergehen jedoch meist mehrere Jahre. [1]

Weiterführende Diagnostik

Maßgeblich im Rahmen der Diagnose einer axSpA ist der Nachweis einer Sakroiliitis mittels Röntgen- oder Magnetresonanztomographie (MRT)-Untersuchung. [1] „Röntgenologisch zeigt sich eine Sakroiliitis aber erst im Spätstadium – und wir möchten die Patientinnen und Patienten deutlich früher sehen“, betonte Flechtenmacher. An eine axSpA sollte immer gedacht werden, wenn die Patient*innen auf Nachfrage angeben, die Rückenschmerzen würden in den frühen Morgenstunden auftreten und sich nach dem Aufstehen bessern. Degenerative Rückenschmerzen würden sich dagegen eher abends verstärken. Das Ansprechen auf nicht-steroidale Antirheumatika (NSAR) könne eben- falls auf einen entzündlichen Prozess hinweisen.

Im Rahmen der Bildgebung sollte laut Flechtenmacher möglichst wenig Technik zum Einsatz kommen – dann aber die richtige. Auf der Überweisung zur Radiologie bitte er immer darum, zusätzlich zur MRT der Lendenwirbelsäule (LWS) eine STIR (Short-Tau Inversion Recovery)- MRT-Sequenz des Beckens zu fahren. Dies schont das Budget und sei
ohne großen Aufwand möglich. Wie Baraliakos zur STIR-MRT erläuterte, stellt diese Sequenz die entzündliche Komponente der axSpA dar. In den Aufnahmen erkennbare weiße Signale zeigen ein Knochenmarködem als Zeichen einer aktiven Entzündung.

Mit dem gleichzeitigen Nachweis von Fettmetaplasien als Zeichen einer ‘Narbe einer abgelaufenen Entzün- dung‘ in den T1-Sequenzen und/oder bei entsprechenden Symptomen sei die Diagnose einer axSpA praktisch gestellt.

Entzündung im spinalen MRT korreliert nicht immer mit der Krankheitsaktivität

Das Ausmaß der Entzündung in der spinalen MRT korreliert bei einer axSpA nicht immer mit der Krankheitsaktivität. [2] „Die Kernspintomographie nutzen wir deshalb zur Sicherung der Diagnose. Entscheidend hinsichtlich der Klinik ist das, was der Patient oder die Patientin uns sagt. Damit vermeiden wir auch übermäßige Überweisungen zur MRT“, erläuterte Baraliakos. Knochenmarködeme der Sakroiliakalgelenke können in der MRT allerdings auch bei Menschen ohne axSpA sichtbar sein. [3] „Wir sind deshalb dazu übergegangen, neben den Läsionen selbst auch ihre Morphologie zu beurteilen. Das ist meines Erachtens die wichtigste Neuerung der letzten Jahre. Bei einer axialen Spondyloarthritis liegt das Knochenmarködem in der Mitte des Gelenkes. Deshalb brauchen wir die axiale Schnittführung. Wenn wir darin ein Ödem sehen, kann man die Lokalisation am besten beurteilen. In falsch-positiven Aufnahmen ist ebenfalls ein Knochenmarködem erkennbar. Es ist aber praktisch nie in der Mitte lokalisiert, sondern vorne im Bereich der Bänder. Dann handelt es sich nicht um eine axiale Spondyloarthritis, sondern um Knochenstress“, so Baraliakos.

Leitlinien und Empfehlungen zur Therapie

Bei der Therapie einer axSpA können sich Orthopäd*innen wie Rheumatolog*innen an klaren Leitlinien orientieren. [1,4] Auf erster Stufe der medikamentösen Therapie werden NSAR und Coxibe empfohlen. „Sie sind aber nicht für alle Patientinnen und Patienten hilfreich. Etwa jede oder jeder Dritte wird von NSAR und Coxiben profitieren. Die anderen zwei Drittel müssen eine Eskalation bekommen – und das bedeutet ganz klar, ein Biologikum oder einen Januskinase-Inhibitor zu nutzen”, so Baraliakos. Diese sind als absolut gleichwertig zu betrachten. Zur Eskalation nach Versagen konventioneller Therapien steht unter anderem der Januskinase (JAK)- Inhibitor Tofacitinib (Xeljanz®) zur Verfügung.

In einer Phase-III-Studie zeigte sich unter Tofacitinib vs. Placebo nach 2 Wochen eine signifikante Verbesserung im ASAS20 (20%-ige Verbesserung nach den Kriterien der Assessment of SpondyloArthritis international Society). [5] In Woche 16 war das ASAS20-Ansprechen (primärer Endpunkt) unter Tofacitinib signifikant höher als unter Placebo (56,4% vs. 29,4%). Das ASAS40-Ansprechen (sekundärer Endpunkt) betrug nach 16 Wochen unter Tofacitinib vs. Placebo 40,6% vs. 12,5%; p < 0,0001. Das Ansprechen im ASAS20/40 stieg bei den durchgehend mit Tofacitinib behandelten Patient*innen bis Woche 48 auf 65,4% und 50,4% weiter an. Nach Umstellung auf Verum in Woche 16 holten auch die vormaligen Placebopatient*innen mit einem Anteil von 60,3% und 44,9% zu Woche 48 im ASAS20/40 auf. [5]

Neben dem Vorteil der oralen Therapieform bietet Tofacitinib als einziger JAK-Inhibitor die Möglichkeit der flexiblen Dosierung (1x täglich 11 mg Retardtablette Tofacitinib oder 2x täglich 5 mg Tofacitinib). [6]

Quelle: Symposium „Hilfe – Ein Rheumapatient beim Orthopäden!“ anlässlich des Deutschen Kongresses für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU), 26. Oktober 2022, Berlin; Veranstalter: Pfizer Pharma GmbH

Literatur

  1.  S3-Leitlinie „Axiale Spondyloarthritis inklusive Morbus Bechterew und Frühformen“, Stand: 09.11.2018, gültig bis 08.11.2023, AWMF Register-Nr. 060-003
  2. Kiltz U et al. Ann Rheum Dis 2012; 71(7): 1207-1211
  3. Baraliakos X et al. Ann Rheum Dis 2020; 79(2): 186-192
  4. Ramiro S et al. Ann Rheum Dis 2022;0:1–16. doi:10.1136/ard-2022-223296
  5. Deodhar A et al. Ann Rheum Dis 2021; 80(8): 1004-1013
  6. Fachinformation Xeljanz®, Stand September 2022