Haarbehandlung

PDO-Fäden: Innovative Therapieoption bei krankhafter Alopezie

Bei krankhafter Alopezie handelt es sich um einen andauernden Haarverlust mit täglich mehr als 100 Haaren. Die am häufigsten verbreitete Form ist die androgenetisch bedingte Alopezie. Ein innovativer Therapieansatz kann Betroffenen neue Hoffnung geben: biokompatible Fäden. In die Kopfhaut eingebracht, stimulieren sie die Haut, wodurch verschiedene, sich auf die Alopezie positiv auswirkende Effekte hervorgerufen werden können.

Es gibt verschiedene Arten von krankhafter Alopezie, an denen sowohl Frauen als auch Männer erkranken können. Der kreisrunde Haarausfall zeigt sich zu Beginn in münzengroßen, kahlen Flecken, die oft an Größe zunehmen. Beim diffusen Haarausfall fallen über den Kopf verteilt Haare aus, bei der narbigen Art verbleiben kahle Stellen auf der Kopfhaut.

Die häufigste Art ist jedoch die androgenetische Alopezie, der Haarausfall vom männlichen Typ. Die Haarwurzeln reagieren überempfindlich auf Dihydrotestosteron, ein Hormon, das mithilfe des Enzyms 5-Alpha-Reduktase aus körpereigenem Testosteron gebildet wird. Die Haarfollikel verkleinern sich und die Wachstumsphase ist verkürzt, was letztendlich dazu führt, dass keine neuen Haare mehr nachwachsen. Bei Männern zeigt sich dies im Anfangsstadium in Form von Geheimratsecken, die sich zunehmend lichten. Mit steigendem Alter ist dann oft der gesamte Vorder- und Hinterkopf betroffen. Bei Frauen zeigt sich die androgenetische Alopezie insbesondere in Form von Haarverlust entlang des Mittelscheitels.

Wichtig: Auch ein Nährstoffmangel, Erkrankungen (etwa Schilddrüsenunterfunktion), ein Hormonungleichgewicht und bestimmte Medikamente (beispielsweise Antidepressiva, Betablocker, Antirheumatika und Zytostatika) können Haarausfall hervorrufen. Eine Abklärung der Ursache ist daher unerlässlich für eine zielorientierte Therapie.

Therapie mit Arzneimitteln

Da der Grund für die androgenetische Alopezie genetisch bedingt ist, kann der Haarausfall nicht gänzlich auf- gehalten werden. Ein Voranschreiten lässt sich jedoch durch verschiedene Therapien verzögern. Am weitesten verbreitet sind topische und systemische Therapien. Zu den wichtigsten zum Einsatz kommenden Arzneistoffen zählen Minoxidil (Männer und Frauen), Finasterid (Männer) sowie anti-androgen wirkende Hormone (Frauen). Die Einnahme bzw. das Auftragen von Arzneimitteln auf die Haut kann jedoch mit Nebenwirkungen einhergehen und muss dauerhaft erfolgen.

Laser, Micro-Needling und Co.

Alternativ zur topischen und systemischen Therapie gibt es weitere Behandlungsoptionen, die den Ausfall der Haare verzögern können, indem sie die Follikel stimulieren und das Haarwachstum anregen:

  • Niedrig energetisches Laserlicht: Die spezifische Wellenlänge dringt tief in die Kopfhaut ein. Dort regt es die Stoffwechselaktivität der einzelnen Haarwurzel an, was zu einer Kräftigung der Haarwurzeln führt.
  • Micro-Needling: Durch kleine Nadeln hervorgerufene Wunden in der Kopfhaut regen die Rege- neration der Haarfollikel an, was sich positiv auf das Haarwachstum auswirken kann.
  • Mesotherapie: Eine spezielle Wirkstoffkombination wird mittels Mikroinjektionen direkt unter die Epidermis gespritzt. Je nach Ursache der Alopezie enthält die Lösung verschiedene Mineralien, Vitamine, Aminosäuren, Nukleinsäuren und Coenzyme, wodurch das Haarwachstum stimuliert wird.
  • PRP: Steht für Platelet-Rich-Plasma, d.h. “Plättchen-reiches Plasma“. Bei der Behandlung wird konzentriertes, angereichertes Blutplasma des Patienten in die Kopfhaut injiziert, um die Zellregeneration anzuregen.

    Darüber hinaus bietet eine Haartransplantation die Möglichkeit, bereits ausgefallene Haare zu ersetzen. Dabei verpflanzen Ärzte Haarwurzeln von dichteren Bereichen der Kopfhaut auf kahlere Stellen.

    Abb. 1:
    Die selbstauflösenden Fäden werden in den gewünschten Bereich der Kopfhaut eingebracht.

    Neuer Behandlungsansatz: PDO Fäden

    Das Fadenlifting hat sich als effektive Behandlungsmethode zum Minimieren von Falten und zum Glätten der Haut im Gesicht, am Hals und am Dekolletee etabliert. Durch das Einbringen von selbstauflösenden Fäden (PDO-Fäden) unter die Haut lässt sich ein sofortiger Liftingeffekt erzielen, zudem wird die Haut stimuliert, wodurch die körpereigene Kollagensynthese angeregt wird.

    Von dieser Stimulation der Haut können auch Patienten mit krankhafter Alopezie profitieren. Mediziner bringen die selbstauflösenden Fäden minimalinvasiv unter Lokalanästhesie in die Kopfhaut ein. Es kommt zu einer Traumatisierung des Gewebes und der Wachstumsfaktor FGF-7 wird vermehrt ausgeschüttet. Die Fibroblasten werden aktiviert, die Kollagen-Neogenese verstärkt und die Anagenphase initiiert. Ein weiterer positiver Effekt ist die Stimulation der Haarfollikel im Skalp-Bereich.

    Wirksamkeit wissenschaftlich belegt

    Positive Effekte von PDO-Fäden auf das Haarwachstum bzw. die Verringerung des Haarverlustes bei krankhafter Alopezie wurden bereits in mehreren Studien belegt. Beispielhaft soll im Folgenden auf zwei Studien und deren Ergebnisse näher eingegangen werden. Hyumn Jong Shin et al. (2013) [1] untersuchten die Wirkung von PDO-Fäden auf das Haarwachstum von Mäusen. 15 männliche Mäuse wurden dafür in drei Gruppen eingeteilt. Eine Gruppe wurde über 16 Tage täglich mit einem kochsalzhaltigen Spray besprüht, die zweite Gruppe mit einem Minoxidil-haltigen Spray und den Mäusen aus der dritten Gruppe wurden zu Studienbeginn PDO- Fäden unter die Haut eingebracht. Nach 16 Tagen zeigte sich eine signifikante Verbesserung der Haardicke in der Gruppe mit den Mäusen, die mit den Fäden behandelt wurden. Die Wachstumsphase wurde verstärkt und der FGF-5 herabgesetzt – ein Wachstumsfaktor, der eine inhibierende Rolle auf das Haarwachstum hat.

    Jyotirmay et al. [2] untersuchten die Wirkung von PDO-Fäden auf das Haarwachstum von fünf männlichen Probanden mit andrognetischer Alopezie. Eine neunmonatige Vorbehandlung mit Minoxidil und Finasterid waren erfolglos. Zwischen dem ersten und dem zweiten Monat nach dem Einsetzen der Fäden kam es zu einer signifikanten Verringerung des Haarausfalls, die Haaranzahl stieg durchschnittlich von 65 auf 93 Haarfollikeleinheiten im Kontrollbereich. Eine weitere Untersuchung nach fünf bzw. sechs Monaten zeigte eine deutliche Verbesserung des Haarvolumens und der Haarabdeckung.

    Die Anwendung professionell erlernen

    Für Mediziner, die im Bereich der ästhetischen Medizin aktiv sind, stellt die Behandlung mit PDO- Fäden bei krankhaftem Haarausfall eine attraktive Erweiterung des Leistungsspektrums dar. Die Behandlungsdauer ist kurz, es stellt sich ein schneller Erfolg ein und das Risiko für Nebenwirkungen ist aufgrund der minimalinvasiven Behandlung niedrig. Voraussetzung für sichere und ästhetisch einwandfreie Ergebnisse ist jedoch, dass der Anwender über fachliches Knowhow in der Anwendung verfügt. Spezielle Workshops helfen, sich dieses Wissen anzueignen. Idealerweise vermitteln diese nicht nur ein umfassendes Grundlagenwissen zu Material, Wirkweise und Anwendung der Fäden, sondern lassen die Teilnehmer auch praktisch im Rahmen von Hands-on- Trainings die Behandlungen durchführen.

    Fazit

    Im Rahmen erster Studien konnte die Wirksamkeit von PDO-Fäden auf krankhafte Alopezie bereits belegt werden. Insgesamt ist die Evidenzlage jedoch noch dünn – weitere Studien, insbesondere zu den Wirkmechanismen, sind erstrebenswert. Dennoch sind die PDO-Fäden eine hoffnungsvolle Option bei krankhafter Alopezie. Das gilt insbesondere im Hinblick auf die gute Verträglichkeit der Behandlung. Durch das minimalinvasive Einbringen der Fäden ist das Risiko für unerwünschte Nebenwirkungen wie Infektionen sehr gering, auch eine Narbenbildung ist nicht zu erwarten. Zudem kann die Behandlung unter Lokalanästhesie erfolgen, Ausfallzeiten müssen nicht eingeplant werden. Zusätzlich ist hervorzuheben, dass auf eine dauerhafte topische oder systemische Therapie vollkommen verzichtet werden kann.

    Literatur

    1. Hyumn Jong Shin et al.: The Success of Thread-embedding Therapy in Generating Hair Regrowth in Mice Points to It Possibly Having a Similar Effect in Humans, Journal of Pharmacopuncture, 2015; 18[4]:020-025
    2. Jyotirmay, B. et al.: Polydioxanone threads in androgenetic alopecia: A novel innovation. J Cosmo Trichol Volume 2, Issue 3(Suppl), 2016, 24