Praxisrelevante Aspekte zum Einsatz von Baricitinib bei atopischer Dermatitis
Zum Einsatz von Baricitinib bei Erwachsenen mit mittelschwerer bis schwerer atopischer Dermatitis (AD) nannte Dr. Boris Bauer, Dermatologe aus Haßfurt, bei einem Symposium anlässlich der diesjährigen DERM-Fachtagung praxisrelevante Aspekte und präsentierte aktuelle Studiendaten des JAK1/JAK2-Inhibitors in dieser Indikation.
Zum Wirkmechanismus erläuterte Bauer, dass Baricitinib selektiv und reversibel an die ATP-Bindungsstelle von JAK1 und JAK2 bindet, was die Bindung von ATP verhindert und dadurch die Signalkaskade verschiedener Zytokine blockiert.
In der Phase-III-Studie BREEZE- AD7 (n=329, mittleres Alter 33,8; 66% männlich) wurde die Wirksamkeit und Sicherheit von 4 mg und 2 mg Baricitinib in Kombination mit topischen Steroiden (TCS) bei Erwachsenen mit mittelschwerer bis schwerer AD, die zuvor unzureichend auf die TCS-Therapie ansprachen, untersucht.
Die Patienten wurden über einen Zeitraum von 16 Wochen entweder mit 2 mg Baricitinib (oral, 1x tgl., n=109), 4 mg Baricitinib (oral, 1x tgl., n=111) oder Placebo (n=109) behandelt. In Woche 16 erreichten 31% (p=0,004) unter 4 mg Baricitinib und 24% (p=0,08) unter 2 mg Baricitinib einen vIGA-AD-Score von 0 (erscheinungsfrei) oder 1 (fast erscheinungsfrei) im Vergleich zu 15% in der Placebo-Gruppe. Das EASI75-Ansprechen über 16 Wochen lag bei 47,7% (4 mg + TCS) bzw. 43,1% (2 mg + TCS) bzw. 22,9% (Placebo + TCS), ergänzte der Experte. Die häufigsten unerwünschten Ereignisse waren Nasopharyngitis, Infektionen der oberen Atemwege und Follikulitis. [1]
Zur Sicherheit von Baricitinib bei AD liegen konsistente Daten eines integrierten Datensets aus insgesamt acht klinischen Studien mit 2.531 Patienten vor, in denen kein erhöhtes Risiko für schwerwiegende unerwünschte Ereignisse verzeichnet wurde. [2]
Aspekte zu Einleitung und Monitoring der Therapie
Vor Therapiebeginn mit Baricitinib sollte ein Screening auf Tuberkulose sowie Hepatitis B und C erfolgen, gab Bauer zu bedenken. Darüber hinaus sollten die Kreatinin-Clearance sowie bestimmte Laborwerte (ANC, ALC, Hb und ALT/AST) überprüft werden. Im Verlauf der Therapie werden nach zwölf Wochen Lipidparameter und im Rahmen der Routineuntersuchung die Laborwerte erneut überprüft.
Eine Therapie sollte nicht eingeleitet bzw. gegebenenfalls unterbrochen werden, wenn die absolute Neutrophilenzahl (ANC) von 1.000 Zellen/ μl unterschritten, die absoluten Lymphozytenzahlen (ALC) unter 500 Zellen/μl liegen, das Hämoglobin (Hb) kleiner als 8g/dl ist, die Kreatinin-Clearance bei <30 ml/min liegt oder eine (vermutlich arzneimittelbedingte) schwere Leberschädigung vorliegt.
Bei Patienten mit Risikofaktoren für tiefe Venenthrombosen, Lungenembolien und Divertikulitis sollte Baricitinib nur mit Vorsicht zur Anwendung kommen, betonte Bauer. Darüber hinaus werden Impfungen mit Lebendimpfstoffen während oder unmittelbar vor Therapie nicht empfohlen.
Die 2-mg-Dosierung ist für spezielle Patientenpopulationen eine Option, etwa für Patienten ab 75 Jahre, bei eingeschränkter Nierenfunktion (Kreatinin-Clearance zwischen 30 und 60 ml/min), bei chronischen bzw. wiederkehrenden Infekten in
der Vorgeschichte sowie bei Patienten mit anhaltender Kontrolle der Krank- heitsaktivität unter 4 mg, die für eine Dosisreduktion in Frage kommen.
Quelle: Virtuelles Symposium „Die vielen Gesichter der AD: Patientenfälle aus der atopischen Dermatitis“ anlässlich der DERM-Fachtagung, 11. September 2021; Veranstalter: Lilly
Literatur
1. Reich K, Kabashima K, Peris K, et al. JAMA Dermatol. 2020;156(12):1333-1343.
2. Bieber T, Thyssen JP, Reich K, et al. J Eur Acad Dermatol Venereol. 2021;35(2):476- 485.