Einfluss körperlichen Trainings auf die Reduktion niedrig-traumatischer Frakturen – spielt Supervision eine Rolle?
Eine systematische Übersicht und Meta-Analyse
Wolfgang Kemmler1,2 , Isabelle Hoffmann1, Simon von Stengel2
1 InstitutfürMedizinischePhysik,Friedrich-Alexander-UniversitätErlangen-Nürnberg
2 InstitutfürRadiologie,Friedrich-Alexander-UniversitätErlangen-Nürnberg
Niedrig-traumatische Frakturen sind eine Herausforderung an unsere alternde Gesellschaft. Körperliches Training erscheint durch seine übergreifenden Effekte auf ossäre und extra-ossäre Risikofaktoren der Fraktur als vielversprechende Option zur Frakturprophylaxe.
Tatsächlich zeigen einige wenige Übersichtsarbeiten positive Effekte körperlichen Trainings auf die Frakturinzidenz, allerdings ist die Heterogenität zwischen den eingeschlossenen Studien meist substanziell. Ziel der vorliegenden Arbeit war es (1) den Effekt körperlichen Trainings auf die Inzidenzniedrigtraumatischer Frakturen zu erfassen, sowie (2) entsprechende Unterschiede zwischen überwiegend supervisierten und nicht supervisierten Trainingsstudien zu evaluieren.
Methodik
Eine systematische Recherche von sechs Literaturdatenbanken gemäß PRISMALeitlinie schloss (a) kontrollierte Trainingsstudien mit (b) Personen 45 Jahre und älter ohne (c) medikamentöse Therapie oder Erkrankungen mit unmittelbarem Einfluss auf Frakturgrößen ein, welche (d) die Anzahl der Frakturen jeweils getrennt für Trainings- (TG) und Kontrollgruppe (KG) als (e) primären oder sekundären Studien endpunkt, Beobachtung oder unerwünschtes Ereignis angaben. Die Kategorisierung der Supervision (überwiegend supervisiert versus überwiegend nicht supervisiert) erfolgte durch zwei Gutachter.
Die vorliegende Analyse verwendete ein mixedeffect Poisson Modell zur Bestimmung der Frakturinzidenz per Gruppe (TG vs. KG), korrespondierende Regressionsmodelle erfassten Unterschiede zwischen den Subgruppen.
Ergebnisse
Insgesamt gingen 20 Interventions studien mit 21 TG und 20 KG mit einer Gesamtanzahl von 11.836 Teilnehmerjahren in der TG und 11.275 in der KG in die Analyse ein. Die Analyse zeigte signifikante Effekte (p=0.003) eines Körpertrainings auf die Inzidenzrate (IR) niedrigtraumatischer Frakturen (IR: 0,67, 95%CI: 0,510,87).
Die Heterogenität zwischen den Einzelstudien lag mit I2=40% nur moderat hoch. Eine Analyse auf Publikations/“Smallstudy“Bias zeigte keine wesentlichen Anzeichen für Asymmetrie.
Überwiegend überwachte Studien zeigten mit IR: 0,44 (95%CI: 0,27 0,73) signifikant günstigere Effekte auf die Frakturinzidenz (p=0.030) als überwiegend nicht überwachte Studien (IR: 0,83; 95%CI: 0,60 1,14), die per se kein signifikantes Ergebnis auf die Frakturinzidenz zeigten. Die Heterogenität der Einzelstudien der Subgruppen lag mit I2≤27 in einem niedrigen bis moderat hohen Bereich.
Diskussion
Die vorgelegte Arbeit bestätigt den positiven Effekt körperlichen Trainings auf die Inzidenz niedrigtraumatischer Frakturen klar. Insge samt zeigt sich eine Frakturreduktion von über 30%, eine Verringerung die durchaus im Bereich der pharmakologischen Therapie liegt. Dabei darf allerdings nicht vergessen werden, dass die im Mittel methodisch höherwertigen pharmakologischen Studien meist auf Personen mit höherem Fraktur risikofokussieren. Eine klare Limitation der Arbeit ist, dass sich aufgrund erheblicher trainingsmethodischer Unterschiede der Studien nur grobe Empfehlungen (s.u.) ableiten lassen.
Überwiegend supervisierte Trainingsprotokolle zeigen sich den weniger aufwendigeren, nicht/ überwiegend nichtsupervisierten Trainingsprogrammen als signifikant überlegen. Der in Deutschland breit etablierte, ärztlich verordnete und konsequent supervisierte Rehabilitationssport für Osteoporose-Erkrankte erscheint in dieser Hinsicht als ideales Setting für ein körperliches Training zur Frakturprophylaxe.
Abb. 1: Forest plot der Effekte körperlichen Trainings auf die Inzidenz niedrig-traumatischer Frakturen. Yrs: Teilnehmerjahre, Frs: Frakturen.
Abb. 2: Forest plot der Effekte des Supervisionsgrades auf die Effekte eines körperlichen Trainings auf die Inzidenz niedrig-traumatischer Frakturen.