Psoriasis

Mit wirksamen Therapien der Stigmatisierung von Menschen mit Psoriasis entgegenwirken

Interview mit Prof. Dr. med. Ulrich Mrowietz

Für die Behandlung von Menschen mit Psoriasis stehen heute so viele wirksame Medikamente zur verfügung wie nie zuvor. Doch Daten aus der Versorgungsforschung zeigen, dass diese Therapieoptionen nicht bei allen Patienten ankommen. Die  Stigmatisierung von Menschen mit Hauterscheinungen spielt immer noch eine große Rolle und schränkt die Lebensqualität der Betroffenen ein. Wir sprachen mit Prof. Dr. med. Ulrich Mrowietz, Gründer und Leiter des Psoriasis-Zentrums am Universitätsklinikum Schleswig-holstein, Campus Kiel, über aktuelle Therapiekonzepte.

Prof. Dr. med. Ulrich Mrowietz

Ästhetische Dermatologie

Herr Prof. Mrowietz, sehen Sie im dermatologischen Praxisalltag einen Widerspruch zwischen der Therapie von Menschen mit Psoriasis und den Arbeitsfeldern der Ästhetischen Dermatologie?

Prof. Mrowietz:

Der ästhetische Aspekt spielt bei allen Erkrankungen, die an sichtbaren Arealen auftreten, eine ganz große Rolle für die Betroffenen: Bei Psoriasis sind das zum Beispiel das Gesicht, der Hals, der behaarte Kopf, aber auch die Handrücken und die Fingernägel, im Sommer auch die Unterschenkel. Bei der Schuppenflechte und anderen chronischen Entzündungserkrankun- gen haben wir heute so gute Behandlungsmöglichkeiten, dass wir die Patienten erscheinungsfrei bekommen können. Der Patient hat dann ein ganz normales Hautbild, keine sichtbaren Stigmatisierungsmale. Das sollte das Ziel jeder Behandlung von Betroffenen sein, die sichtbare Hauterkrankungen haben.

Ästhetische Dermatologie

Was ist der nächste Schritt, wenn topische Therapien nicht die gewünschten Erfolge erzielen?

Prof. Mrowietz:

Heute ist eine Therapie mit systemischen Medikamenten bei der Schuppenflechte im Prinzip eine einfache und unkomplizierte Therapie. Wer das scheut, ist gut beraten, den Patienten an einen Hautarzt mit klinischem Schwerpunkt Psoriasis zu überweisen. Dazu gehören alle Ärzte, die bei PsoNet (www.psonet.de) in regionalen Psoriasisnetzen in Deutschland genannt werden. Hier kann man wirklich in jeder Region Ärzte finden, die die Behandlung von Menschen mit Schuppenflechte übernehmen können. Dabei kann die Behandlung anderer Dermatosen, oder aber ästhetische Eingriffe wie zum Beispiel Faltenglättung, bei dem primärversorgenden Dermatologen weitergeführt werden.

Ästhetische Dermatologie

Bei Hauterkrankungen stufen Ärzte und Betroffene Wünsche und Therapieziele oft ganz unterschiedlich ein. Wo sollte man genauer hinsehen?

Prof. Mrowietz:

In den letzten Jahren haben wir gelernt, dass auch das Jucken der Haut für Psoriasis-Patienten sehr belastend ist. Hier ist es wichtig, gemeinsam die Therapieziele anzusprechen, etwa das Jucken der Haut, das Schuppen, Läsionen an sichtbaren Arealen. Wichtig ist auch, Patienten bei der körperlichen Untersuchung nach einem Genitalbefall zu fragen. Mit dem Blick auf den Genitoanalbereich grenzt man diesen Aspekt nicht aus. Das ist wichtig, weil sich Betroffene sonst auch vom Arzt stigmatisiert fühlen.

Das Ausmaß und das Gefühl der Belastung korrelieren nicht mit dem Befall der Körperoberfläche. Auch bei geringem Befall an wenigen sichtbaren Stellen kann ein hoher Leidensdruck vorhanden sein. Symptome wie Nagelpsoriasis können im Alltag oder im Berufsleben stark beeinträchtigen: Wenn Nagelbefall nicht mehr durch einen ganz normalen Nagellack abdeckbar ist, muss der Arzt das sehr ernst nehmen und diesen Nagelbefall auch als mindestens mittelschwere bis schwere Schuppenflechte ansehen, so dass er eine systemische Therapie einleiten kann. Viele minimale Veränderungen an den Nägeln lassen sich dagegen mit einem ganz normalen kosmetischen Nagellack bedecken, sodass für Außenstehende die Erkrankung gar nicht sichtbar ist. Aber auch das muss mit den Patienten besprochen werden.

Ästhetische Dermatologie

Wenn wir uns hier bei der Stigmatisierung auf die Haut fokussieren, vernachlässigen wir nicht die Komorbidität der Patienten mit Psoriasis?

Prof. Mrowietz:

Das ist kein Widerspruch: Schuppenflechte ist eine systemische Entzündungserkrankung, mit einer Vielzahl von Risiken und Begleiterkrankungen. Wir versuchen, mit unserem ganzheitlichen Management alle Facetten der Psoriasis zu erreichen. Im Idealfall machen wir eine Behandlung, die die Haut so erscheinungsfrei macht, dass der Patient selbst nichts mehr sieht, dass eine begleitende Psoriasisarthritis keine Beschwerden macht und dass weitere systemische Entzündungssymptome minimal werden. Das können wir heute mit den modernen Medikamenten erreichen, die ja auch in klinischen Studien darauf hin untersucht wurden, Erscheinungsfreiheit bei Schuppenflechte zu erreichen, die Gelenke zu bessern und Gefäßentzündungen zu verringern. Mit den neuen Medikamenten sprechen wir all diese Symptome an.

Ästhetische Dermatologie:

Sehr geehrter Herr Prof. Mrowietz, vielen Dank für das Gespräch!

Das Interview führte M. Freyer: