Psoriasis

Was leisten moderne Biologika bei Psoriasis vulgaris?

Mit der Einführung der Biologika bei der Therapie der mittelschweren bis schweren Psoriasis hat sich viel verändert. Im Vergleich zu früheren Jahren sind deutlich ambitioniertere Behandlungsziele bei der überwiegenden Anzahl der Patienten möglich. Anlässlich der Dermatologischen Wissenschafts- und Fortbildungsakademie (DWFA) Ende November 2021 in Köln stellte Prof. Dr. med Andreas Körber, Essen, Daten zur Real World Evidenz von Tildrakizumab, einem IL 23-Antagonisten, vor. Dr. med. Rachel Sommer, Hamburg, ging auf den Stellenwert des Wohlbefindens und der Lebensqualität unter der Therapie ein.

Psoriasis ist eine Systemerkrankung, bei der sich die Entzündungsreaktionen nicht nur auf die Haut beziehen; auch die Gefäße, die Knochen und viele andere Organe können mitbetroffen sein. Adipositas, Rauchen und vor allem Stress können zudem die Inflammation triggern. Eine Untersuchung von Prof. Dr. med. Ulrich Mrowietz et al. konnte zeigen, dass über 90% der untersuchten Patienten auf Stress mit einer Verschlechterung der Krankheitssymptome reagieren.

Höhere Behandlungsziele dank Biologika

Derzeit sind 14 Biologika für die Therapie der Psoriasis zugelassen:

  • 5 TNF-Alpha-Inhibitoren, darunter Adalimumab und Certolizumab als First-Line- Empfehlungen,
  • 4 IL17-Inhibitoren, die ebenfalls First Line empfohlen werden,
  • 3 IL23-Inhibitoren (Guselkumab, Risankizumab und Tildrakizumab) als First-Line-Optionen sowie der IL12/23-Inhibitor Ustekinumab.

Mit diesen Therapieoptionen stellt ein relativer PASI (Psoriasis Area and Severity Index) 90 ein realistisches Behandlungsziel dar, dies bedeutet eine nahezu 100-prozentige Ver- besserung des Hautbildes und damit Symptomfreiheit. Das sind hervor- ragende Ergebnisse und sie zeigen einen Quantensprung in Sachen Therapieverbesserung, wenn man bedenkt, dass noch vor wenigen Jahren zumeist PASI 75 als höchstes Therapieziel definiert wurde.

Viele Studien streben mittlerweile einen PASI 90 als primären Endpunkt an. Beim absoluten PASI liegt im Behandlungspfad für die Psoriasis das minimale Therapieziel derzeit unter 6, als ideales Ziel werden Werte unter 3 angestrebt, korrespondierend mit einem Dermatologischen Lebensqualitäts-Index (Dermatology Life Quality Index, DLQI) von ebenfalls unter 3. Das bedeutet, dass die Lebensqualität nur noch gering- fügig beeinträchtigt wird. Ein DLQI von 0-1 bedeutet nahezu gar keine Beeinträchtigung der Lebensqualität durch Psoriasis, ein Wert von 21 bis 30 steht für sehr starke Einbußen an Lebensqualität.

Real-World-Daten vs. randomisierte Studien (RCT)

Randomisierte kontrollierte Studien sind definitiv wichtig, um die Effizienz einer Therapie zu beurteilen, allein schon bei den Zulassungsstudien. Aber: wie relevant sind sie für den Praxisalltag? Prof. Körber erinnerte in Köln daran, dass meist nur ein bestimmtes Patientenklientel eingeschlossen wird, was der Behandlung in der dermatologischen Praxis nicht vollumfänglich gerecht wird. So werden multimorbide oder ältere Patienten (über 65 Jahre) in den Studien oft nicht berücksichtigt. Deshalb seien Real-World-Daten unverzichtbar. Dies zeigt auch eine derzeit laufende nicht-interventionelle Studie (NIS) namens TILOT zur Sicherheit und Wirksamkeit von Tildrakizumab (TIL) in der Langzeitbehandlung der mittelschweren bis schweren Plaque-Psoriasis unter Praxisbedingungen. Hier werden 900 Patienten über einen Behandlungszeitraum von drei Jahren (14 Visiten) beobachtet. Die Patienten wurden zu Studienbeginn neu auf Tildrakizumab eingestellt.

Bei der Zwischenanalyse nach 52 Wochen wurden die Ergebnisse von 412 Patienten ausgewertet. Der absolute PASI verbesserte sich vom Ausgangswert PASI 16 auf einen mittleren Wert von PASI 2,1 (OC). Körber dazu: „Das bedeutet, dass eine 86,9%-ige Verbesserung des PASI erzielt werden konnte. In Woche 16 wiesen 23,9% der Patienten einen absoluten PASI von unter 1 auf, in Woche 52 waren es 47,9%.“ Über die Hälfte der Teilnehmer (54,6%) konnte in Woche 16 einen PASI von unter 3 erreichen, in Woche 52 waren es 74,6%.

Nicht nur das Hautbild zählt

Besonders belastende Symptome bei der Psoriasis sind nicht nur die schuppende Haut, sondern auch eine Kopfhaut- oder Nagelbeteiligung sowie Juckreiz. Um die Verbesserung dieser Symptome zu erfassen, wurde der Physician’s Global Assessment (PGA) genutzt. Dabei wird die Veränderung der Symptome zu Beginn und im Verlauf der Behandlung verglichen. Eine Skala von 0-4 lässt dann Rückschlüsse zu. 0 bedeutet erscheinungsfrei, 4 stellt den schlechtesten Wert dar.

In Bezug auf die Kopfhautbeteiligung zeigten die Probanden eine Verbesserung ihrer Symptome um 77,8% in Woche 52 (PGA 0,6), wobei bereits in Woche 16 der PGA unter 1 lag. Patienten mit Nagelbeteiligung lagen ebenfalls in Woche 16 bei einem PGA unter 1, in Woche 52 bei 0,4 und damit bei einer PGA-Verbesserung von 77,8%. Hier konnte im PGA- Urteil ebenfalls eine annähernd 80%-ige Besserung des Nagelbefunds bis Woche 52 festgestellt werden.

Für den sehr belastenden Juckreiz konnte in Woche 52 sogar eine Verbesserung um 93,7% festgestellt werden. Er nahm gemessen an einer Visuellen Analogskala (1-100) vom Ausgangswert 63 Punkte auf 10 in Woche 16 und auf 4,0 in Woche 52 ab (alle Werte OC).

Anhaltende Wirkung selbst bei absolutem PASI unter 1

Laut Kiel Tildra Cohort (Drerup et al., Dermatology 2021 Nov 12;1-5. doi: 10.1159/000519924) war ein absoluter PASI von unter 3 auch noch in Woche 76 gegeben. Und auch der PASI unter 1, den Teilnehmer in Woche 28 erreicht hatten, konnte bis zur Woche 76 gehalten werden.

Daten vom Europäischen Dermatologie-Kongress (EADV) 2021 konnten zudem das gute Sicherheitsprofil von Tildrakizumab bestätigen. Sowohl in Bezug auf schwerwiegende kardiovaskuläre Ereignisse (MACE) wie auch im Hinblick auf die Entstehung maligner Tumore konnte kein Zusammenhang zur Therapie aufgezeigt werden, so die Ergebnisse des reSURFACE-Studienprogramms.

Wohlbefinden laut WHO gefordert

Dr. med. Rachel Sommer, Hamburg, stellte klar, dass das Wohlbefinden des Patienten unter der Therapie ebenso wichtig sei wie gute Therapieerfolge. Um dies zu messen, reicht der DLQI nicht aus. Aber welche Parameter müssen darüber hinaus abgefragt werden?

Die prospektive nicht-interventionelle Real-World-Studie POSITIVE mit über 500 Psoriasis-Patienten könnte diese Frage beantworten. Beobachtet werden über zwei Jahre lang Patienten, die bei mittelschwerer oder schwerer Psoriasis eine Tildrakizumab-Therapie erhalten. Das Wohlbefinden wird u.a. anhand des 5-Elemente-WHO-Wohlfühl-Index (WHO-5) ermittelt, ein bewährtes Schema auch bei anderen chronischen Erkrankungen. Mit der Studie werden beispielsweise Endpunkte wie die Zufriedenheit des Arztes und der Familienangehörigen, zur Lebensqualität, zur Behandlungszufriedenheit des Patienten, zur Arbeitsproduktivität und zu Einschränkungen der Aktivität sowie zu belastenden Symptomen wie Juckreiz, Schmerzen, und Müdigkeit abgefragt. Ebenso Sicherheit, Verträglichkeit und Verbesserung der Symptome.

Ziel der Studie ist es, so Sommer, den Therapieerfolg bei Psoriasispatienten ganzheitlich wahrzunehmen. Die POSITIVE-Studie könnte so einen wesentlichen Beitrag zu einem zu- künftigen Paradigmenwechsel weg von harten Endpunkten leisten.

Quelle: Symposium „So einzigartig wie Ihre Patienten − Psoriasis mit Biologika therapieren“ im Rahmen der Dermatologischen Wissenschafts- und Fortbildungsakademie, 27. November 2021, Köln; Veranstalter: Almirall Hermal

Mit freundlicher Unterstützung der Almirall Hermal GmbH