Rosacea

Schwierige Rosacea-Manifestationen S. Pickl erfolgreich behandeln

Das Krankheitsbild der Rosacea ist zwar häufig, kommt bei der Behandlung dennoch oft zu kurz, waren sich die Experten bei einem virtuellen Symposium anlässlich der 51. DDG-Tagung 2021 einig. Eine besondere Herausforderung stellen schwierig zu therapierende Rosacea-Manifestationen dar. Prof. Martin Schaller, Universitätshautklinik Tübingen, präsentierte eigene Patientenfälle und teilte seine Erfahrungen zum therapeutischen Vorgehen. Dabei spannte er den Bogen von Rosacea fulminans bis zur seltenen Sonderform Morbus Morbihan. Manchmal versteckt sich hinter einer vermuteten Rosacea auch ein Lupus erythematodes tumidus, ein chronisch diskoider Lupus erythematodes, eine Sarkoidose oder ein Plattenepithelkarzinom tarnt sich als Rhinophym.

Rosacea fulminans

Rosacea fulminans ist charakterisiert durch das plötzliche Auftreten von Papeln/Pusteln auf meist völlig gesunder Haut, es zeigen sich einschmelzende Knoten mit drainierenden Fisteln. In der Regel erkranken Frauen (>90%) mit einem Durchschnittsalter von 31 Jahren, erklärte Schaller. Vor Ausbruch der Erkrankung finden sich bei manchen Patienten Rosacea-Anzeichen wie z.B. Flushing in der Anamnese. Daher werde im deutschen Sprachraum das Krankheitsbild der Rosacea zugeordnet, nicht jedoch in den USA.

„Ich habe solche Patienten früher mit Steroiden und Isotretinoin behandelt, bin aber jetzt dazu übergegangen, auch mit Makroliden – insbesondere mit Azithromycin 3x 500 mg / Woche – zu behandeln, das eine starke antientzündliche und antibakterielle Wirkung aufweist“, erläuterte Schaller. Die Halbwertszeit beträgt bis zu vier Tage, so dass nach dreitägiger Therapie noch wirksame Gewebespiegel über sieben Tage erreicht werden können. Es kommt zu einer intrazellulären Anreicherung mit verzögerter Freisetzung. Azithromycin interagiere kaum mit CYP450, so Schaller. Als Nebenwirkungen können Verdauungsbeschwerden und QT-Verlängerungen auftreten (Cave Antidepressiva, Hydrochlorothiazid, Furosemid, Fluconazol). Azithromycin sollte zudem nicht gemeinsam mit Antacida eingenommen werden. Eine Schwangerschaft gelte als Triggerfaktor für das Auftreten von Rosacea fulminans – daher sei es von Vorteil, dass Azithromycin laut Schaller auch in der Schwangerschaft verabreicht werden könne.

 

Abb. 1a-c: Erscheinungsbild vor (l.) bzw. nach 5 Wochen (m.) und nach 6 Monaten Behandlung (r.) mit Azithromycin.

Abb. 2a-c: Erscheinungsbild vor (l.) bzw. nach 8 Monaten Behandlung (6 Monate Azithromycin, 2 Monate Isotretinoin) (m.) und nach 21 Monaten Behandlung (6 Monate Azithromycin, 12 Monate Isotretinoin, jetzt Carvedilol sowie Ivermectin topisch) (r.).

„Manchmal lässt sich – wenn die Rosacea noch nicht so lange besteht – innerhalb von kurzer Zeit eine unglaubliche Besserung erzielen. Dies kann man im Regelfall mit Steroiden und Isotretinoin nicht erreichen“, bewertete Schaller die Wirksamkeit der Therapie. So habe sich bei einer seiner Patientinnen bereits nach drei Wochen der Hautbefund erheblich verbessert.

Er präsentierte eine Patientin, bei der sich nach 5-wöchiger Behandlung mit Azithromycin eine deutliche Besserung zeigte. Nach 6 Monaten wurde die Dosis auf eine wöchentliche Gabe reduziert, so dass die Läsionen bis auf Resterytheme vollständig abheilten (s. Abb. 1).

Bei einer anderen Patientin wurde die Therapie mit Azithromycin begonnen und nach Auftreten einer Seborrhoe nach 6 Monaten auf Isotretinoin umgestellt. Die Patientin fühlte sich durch das verbleibende Erythem gestört, so dass auch Brimonidin topisch bei Bedarf eingesetzt wurde. Zusätzlich wurde Carvedilol gegen das Flushing und Ivermectin topisch gegeben – darunter stabilisierte sich der Befund, so dass nur noch Resterytheme verblieben (s. Abb. 2).

Abb. 3a-b: Patientin mit Morbus Morbihan vor (l.) und nach (r.) 18-monatiger Therapie mit Isotretinoin und Desloratadin.

Morbus Morbihan

Auch der Morbus Morbihan kann für die Patienten sehr belastend sein, da die Erkrankung teilweise stark entstellend ist, erläuterte Schaller. Benannt nach dem Ort der Erstbeschreibung, einer Gegend in der Bretagne, erwähnte Robert Degos 1957 den ersten Patienten mit diesem Krankheitsbild. Es handelt sich um eine seltene Dermatose unklarer Ätiologie. Charakteristisch sind derbe, nicht eindrückbare Schwellungen und Rötungen an Stirn, Glabella, Augenlidern, Nase und Wangen. Histologisch erkennt man zahlreiche Mastzellen, aber auch eine Fibrose.

„Meine Therapieempfehlung ist 10 mg Isotretinoin kombiniert mit einem Antihistaminikum über 1-2 Jahre“, erklärte Schaller. Es sei wichtig, die Patienten darüber aufzuklären, dass sich die Behandlung über Jahre erstreckt, sich aber der Hautbefund mit der Therapiedauer zunehmend bessert. Die Fotos (s. Abb. 3) zeigen eine Patientin mit Morbus Morbihan vor und nach der 18-monatigen Therapie mit Isotretinoin und Desloratadin.

Ist es überhaupt Rosacea?

Wenn es manchmal besonders schwierig ist, die Rosacea zu behandeln, könne es auch daran liegen, dass ein anderes Krankheitsbild zugrunde liegt, gab Schaller zu bedenken. Schaller präsentierte den Fall eines 60jährigen Mannes mit geröteter knotiger Nase, der mit der Verdachtsdiagnose „Rhinophym“ zu ihm kam. Der Mann zeigte eine umfassende asymmetrische Gewebevermehrung an der Nasenspitze mit Rötung, die ihm selbst seit 6 Monaten aufgefallen war (s. Abb. 4). „Wir waren nicht so glücklich mit der Verdachtsdiagnose und dachten eher an eine Sarkoidose, ein Pseudolymphom oder ein Plattenepithelkarzinom“, erläuterte Schaller.
Eine erste zu oberflächliche Biopsie half zunächst nicht weiter: es zeigte sich ein mit Rosacea vereinbarer Befund mit ortstypischen Talgdrüsen und einer Fibrose. Der Patient hatte bereits einen Termin zur Abtragung des Knotens vereinbart, stellte sich aber nach 6 Wochen mit einer deutlichen Befundverschlechterung vor, so dass umgehend eine tiefe Spindelbiopsie erfolgte.

„Die tiefe Spindelbiopsie zeigte im oberen Teil wieder nur eine Talgdrüsenhyperplasie mit etwas Entzündung, im unteren Teil jedoch ein enddifferenziertes tief wachsendes Plattenepithelkarzinom. Es hatte sogar den Knorpel infiltriert und die Nase musste abgenommen werden“, beschrieb Schaller das Vorgehen. „Wenn Sie nicht an ein Rhinophym denken, ist es wichtig, eine tiefe Spindelbiopsie durchzuführen, um einen möglicherweise tief wachsenden Tumor nicht zu übersehen“, betonte Schaller.

Doch nicht nur tumoröse Erkrankungen gehören zur Differentialdiagnose, sondern auch entzündliche Erkrankungen. Eine Patientin berichtete seit 4 Monaten über eine Umfangsvermehrung sowie eine Schwellung und Rötung der Nasenspitze – die Diagnose ergab schließlich einen Lupus erythematodes tumidus (s. Abb. 5).

Schaller berichtete von einem anderen Patienten, der im Vorfeld fast sämtliche Rosacea-Therapien hinter sich gebracht hatte – Isotretinoin, Minocyclin, verschiedene Topika – und darunter keine Besserung erfuhr. Schließlich bestätigte die Biopsie
die Diagnose Chronisch diskoider Lupus erythematodes (CDLE). In einem weiteren Fall zeigten sich bei einem Patienten Rötung und Plaques an der linken Wange sowie ein fast Basaliom-ähnlicher Knoten an der Nasenspitze. Histologisch konnte die Diagnose einer Sarkoidose bestätigt werden.

Abb. 4: Patient mit enddifferenziertem tief wachsendem Plattenepithelkarzinom.

Abb. 5.: Patientin mit Lupus erythematodes tumidus.

Abb. 6: 10-jähriges Mädchen mit externer Pigmentierung.

Zuletzt präsentierte Schaller ein 10-jähriges Mädchen mit Erythem an beiden Wangen, das mit der Verdachtsdiagnose einer Impfreaktion (Erythem 1 Woche nach FSME-Impfung) vom Vater vorgestellt wurde (s. Abb. 6). In der Nahaufnahme erkannte man, dass das Pigment in den Haarfollikeln konzentriert war. „Aufgrund der scharfen Begrenzung des Erythems und der Akzentuierung in den Haarfollikeln dachten wir an eine externe Pigmentierung – insbesondere da auch an der Hand eine Rötung nachweisbar war. Mit etwas Desinfektionsmittel und einer Kompresse konnte unter dem erstaunten Blick des Vaters eine rasche Erscheinungsfreiheit erreicht werden“, erläuterte Schaller die unerwartete Wendung.

Quelle: Vortrag „Behandlung schwieriger Rosacea- manifestationen“ von Prof. Martin Schaller, Universitätshautklinik Tübingen, bei einem virtuellen Symposium anlässlich der 51. DDG-Tagung 2021, 17. April 2021