Abgrenzung von axialer Psoriasis- Arthritis und axialer Spondyloarthritis
B. Baierl
Hat ein Patient eine axiale Psoriasis-Arthritis (axPsA) oder doch eine axiale Spondyloarthritis (axSpA) mit peripherer Gelenk- und Hautbeteiligung? Welche (pathophysiologischen) Unterschiede zwischen einer axSpA und einer PsA mit axialer Beteiligung lassen sich derzeit in Studien zeigen und welche Bedeutung kann diese Differenzierung möglicherweise für die praktische Therapieentscheidung haben?
Krankheitsspektrum Spondyloarthritiden (SpA)
Der S3-Leitlinie „Axiale Spondyloarthritis inklusive Morbus Bechterew und Frühformen“ zufolge gehören
die SpA zur Gruppe entzündlichrheumatischer Erkrankungen. Die gesamte Gruppe der SpA stellt sich heterogen dar und lässt sich unterscheiden in eine prädominant axiale SpA und eine prädominant periphere Form. [1] Auch gemäß der Assessment of Spondyloarthritis International Society (ASAS) wird die SpA als axiale oder periphere SpA definiert. [2] Die axiale Spondyloarthritis (axSpA) kann in die nicht-röntgenologische axiale Spondyloarthritis (nr-axSpA) sowie die ankylosierende Spondylitis (AS) unterteilt werden. [1] Die Psoriasis-Arthritis (PsA) gilt als periphere Form der SpA, neben weiteren Subformen wie z.B. der undifferenzierten Form oder der Reaktiven Arthritis. Daten des US-amerikanischen Corrona-Registers (Consortium of Rheumatology Researchers of North America) für PsA-Patienten verdeutlichen, dass bei Vorstellung für eine Erstversorgung mit bDMARD (biological disease-modifying antirheumatic drugs) bei einem Großteil der Patienten multiple PsA-Manifestationen vorlagen [3]: In über der Hälfte der Fälle waren mindestens drei Domänen bzw. exakt vier Domänen (20,9%) betroffen. Als häufigste Domänen können Psoriasis und periphere Arthritis, aber auch Enthesitis, Daktylitis, axiale Beteiligung oder eine Nagelpsoriasis auftreten. Auch bei PsA kann eine axiale Symptomatik, durch beispielsweise andauernden tiefsitzenden Rückenschmerz, auftreten. Die axiale Beteiligung der PsA war einer Auswertung zufolge zudem mit einer höheren Wahrscheinlichkeit des Auftretens einer Psoriasis, einer höheren Krankheitsaktivität sowie mit größeren Auswirkungen auf die Lebensqualität verbunden. [4]
Schwierig wird es, wenn die axiale und periphere SpA sich nicht klar voneinander trennen lassen: Studien zufolge weisen 10% der AS-Patienten zugleich auch eine Psoriasis auf [5] und 25-50% der PsA-Patienten haben eine PsA mit axialer Manifestation. [6,7] Es gilt als ungeklärt, ob es sich um verschiedene Ausprägungen einer Krankheit oder um verschiedene Krankheiten mit teils gleichen Merkmalen handelt. Einer differenzierten Unterscheidung zwischen einer axialen Psoriasis-Arthritis (axPsA) und einer axialen Spondyloarthritis mit peripherer Gelenk- und Hautbeteiligung wird daher zunehmend Bedeutung beigemessen. Aktuelle Studien ordnen bisherige Erkenntnisse ein: Beide Krankheitsbilder sind im unterschiedlichen Ausmaß assoziiert mit HLA-B*27 sowie klinischen Merkmalen wie entzündlichen Rückenschmerzen, peripherer Arthritis, Enthesitis und Daktylitis. [8] Es zeigen sich jedoch auch genetische und klinische Unterschiede sowie Unterschiede in der Bildgebung und dem therapeutischen Ansprechen. [8] Zwar sind verfügbare Studien limitiert, sie zeigen jedoch eine klinisch, röntgenologisch und prognostisch schwerere axiale Erkrankung bei Patienten mit AS im Vergleich zu PsA mit axialer Beteiligung, wobei letztere mit einem schlechteren Grad der peripheren Erkrankung einhergeht. [8]
Experten stellen nun naturgemäß die Frage nach der Bedeutung der Studienergebnisse für die Therapieentscheidung. Während IL-23- Inhibitoren bei PsA wirksam sind, zeigten Studien zu AS und nr-axSpA Hinweise darauf, dass die Inhibition dieses Interleukins bei der axialen Spondyloarthritis klinisch nicht effektiv ist. [10,11] Die Ergebnisse könnten Experten zufolge dafür sprechen, dass IL-23 kein entscheidendes Zytokin bei der Pathogenese der axSpA ist.
Auch im Rahmen der 6. Novartis Rheumatologentage 2021 widmete sich ein Expertenpanel der Abgrenzung von axialer PsA und axSpA mit peripherer Gelenk- und Hautbeteiligung und diskutierte die Bedeutung für den Praxisalltag und die Therapieentscheidung: „Axiale PsA oder axiale SpA mit Psoriasis sind zwei deutlich zu unterscheidende Phänotypen, die zwar teilweise auf die gleichen Therapien ansprechen, teilweise aber auch nicht“, so Prof. Dr. Martin Rudwaleit, Bielefeld. Bisher basierten die aktuell gültigen Empfehlungen der GRAPPA (Group for Research and Assessment of Psoriasis and Psoriatic Arthritis) für die Behandlung der axialen Manifestation einer PsA auf Daten aus Studien zur AS, berichtete PD Dr. Frank Behrens, Frankfurt/Main. „Ob bei axSpA wirksame Therapeutika jedoch auch bei PsA mit axialer Beteiligung klinisch wirksam sind, ist bisher kaum untersucht.“
MAXIMISE zeigt Wirksamkeit von Secukinumab bei axPsA
MAXIMISE ist die erste Studie, die sich speziell der axialen Komponente bei PsA widmet. [12] Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass der IL-17A-Inhibitor Secukinumab auch bei PsA mit axialer Beteiligung klinisch wirksam ist. Die 52-wöchige, doppelblinde, randomisierte, placebo-kontrollierte Phase-IIIb- Studie umfasst 498 PsA-Patienten mit klinisch diagnostizierter axialer Beteiligung. Die Patienten hatten Rückenschmerz bewertet mit >40/100 auf einer visuellen Analogskala (VAS) sowie einen BASDAI (Bath Ankylosing Spondylitis Disease Activity Index) ≥4 trotz Behandlungsversuch mit mindestens zwei nicht-steroidalen Entzündungshemmern. Die Patienten wurden 1:1:1 auf 300 mg* bzw. 150 mg Secukinumab s.c. oder Placebo randomisiert und zunächst wöchentlich, ab Woche 4 monatlich behandelt. [12] Der primäre Endpunkt, das ASAS20-Ansprechen in Woche 12, wurde von 63% der mit Secukinumab 300 mg bzw. 66% der mit 150 mg behandelten Patienten erreicht (Placebo: 31%, p <0,0001). Darüber hinaus zeigte sich eine anhaltende und sich weiter steigernde Verbesserung der Krankheitszeichen und Symptome der axialen Manifestation über 52 Wochen: 81% bzw. 80% erreichten ein ASAS20-Ansprechen, 69% bzw. 65% der mit Secukinumab 300 mg bzw. 150 mg behandelten Patienten erreichten sogar den anspruchsvollen Endpunkt ASAS40 (s. Abb. 1). Darüber hinaus wurden keine neuen Sicherheitsmerkmale beobachtet. [12]
Abb.1: MAXIMISE – ASAS40-Ansprechen nach 12 bzw. 52 Wochen [12]
Fazit
Noch sind die molekularbiologischen Prozesse der Spondyloarthritiden nicht entschlüsselt. Untersuchungen deuten jedoch darauf hin, dass es einen pathophysiologischen Unterschied zwischen axSpA und PsA mit axialer Beteiligung zu geben scheint (vgl. Infokasten). Vor diesem Hintergrund macht Prof. Rudwaleit auf therapeutische Überlegungen aufmerksam: „In der Vergangenheit hat sich gezeigt, dass bei einer AS die IL-17A- und TNF-Inhibition, nicht aber die IL-23-Inhibition wirksam ist. Dies sollte bei Patienten mit primärer axialer Manifestation bedacht werden.“ Die Daten der MAXIMISE-Studie belegen nun erstmals, dass der IL-17A-Inhibitor Secukinumab auch bei axialer PsA wirksam ist. [12]
Mit freundlicher Unterstützung der Novartis Pharma GmbH, Nürnberg
Literatur
1. S3-Leitlinie Axiale Spondyloarthritis inklusive Morbus Bechterew und Frühformen 2019. AWMF-Leitlinien Register Nummer: 060/003
2. Rudwaleit M et al. Ann Rheum Dis 2011; 70:25-31
3. Ogdie A et al. J Rheumatol 2020; doi: 10.3899/jrheum.200371
4. Mease PJ et al. J Rheumatol 2018; 45:doi: 10.3899/jrheum.171094
5. Taurog JD et al. N Engl J Med 2016;374:2563- 2574
6. Gladman DD. Curr Rheumatol Rep 2007; 9:455-460
7. Baraliakos X et al. Clin Exp Rheumatol 2015; 33:31-35
8. Feld J et al. Nature Review Rheumatol 2018; 14:263-269
9. Feld J et al. Rheumatol 2020;59:1340-1346
10. Deodhar A et al. Arthritis Rheumatol 2019;71:258
11. Baeten D et al. Ann Rheum Dis 2018;77:1295-1302
12. Baraliakos X et al., Ann Rheum Dis 2020; doi: 10.1136/annrheumdis-2020-218808